Ombudsstelle für Gefängnisinsassen

Marianne Jeger vor dem Untersuchungsgefängnis Solothurn
Marianne Jeger vor dem Untersuchungsgefängnis Solothurn

Ausgewogeneres Essen, mehr Zeit am Computer, weniger Arbeitseinsätze. Mit solchen Anliegen gelangen die Gefängnisinsassen an die kantonale Justizvollzugskommission. Marianne Jeger als deren Präsidentin und sechs Mitglieder führen regelmässig Ombudsgespräche mit Häftlingen der beiden Solothurner Untersuchungsgefängnisse und der Justizvollzugsanstalt in Deitingen.

Sechs Mal pro Jahr erhalten die Insassen der drei Solothurner Gefängnisse Besuch von der kantonalen Justizvollzugskommission. Dieses von der Verwaltung und Justiz unabhängige Gremium führt Ombudsgespräche durch. Jeweils zwei Kommissionsmitglieder gehen vor Ort. Sie hören den Insassen zu und nehmen ihre Anliegen zu den Haftbedingungen auf. Die Palette der Anliegen ist breit. «Es geht unter anderem ums Essen», sagt Marianne Jeger. «Für die einen hat es zu wenig, für andere sind die Mahlzeiten nicht genügend ausgewogen.» Weitere Anliegen betreffen die medizinische Versorgung, das Besuchsregime, die Einkaufsmöglichkeiten in der Anstalt oder auch den Arbeitseinsatz und die Freizeit. «Einige wünschen sich mehr Zeit am Computer oder fürs Fernsehen», berichtet die ehemalige Oberrichterin von ihren Besuchen in den Anstalten. Grundsätzlich seien die Insassen mit den äusseren Bedingungen jedoch zufrieden.

Bessere Telefonmöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten

Die kantonale Justizvollzugskommission setzt sich aus Vertreterinnen und Vertreter der Strafjustiz, der Forensik und der Politik zusammen. Die Gespräche mit den Insassen sind vertraulich. Wenn die Insassen einverstanden sind, werden ihre Anliegen mit der Anstaltsleitung besprochen, um allenfalls Veränderungen und Anpassungen anzustossen. So wurden zum Beispiel die Telefonmöglichkeiten erweitert, damit die Insassen öfter telefonieren können. Und in der Justizvollzugsanstalt in Deitingen hat man die Arbeitszeiten der Insassen im Pensionsalter flexibilisiert. «Wenn jemand über 65 Jahre alt ist, muss er nicht mehr so viele Arbeitseinsätze in den betriebseigenen Werkstätten leisten.»

Von der Oberrichterin zur Ombudsperson

Marianne Jeger war 23 Jahre lang Oberrichterin im Kanton Solothurn. Seit 2019 setzt sie sich nun für die Anliegen von Gefängnisinsassen ein. Dieser Rollenwechsel sei für sie nicht schwierig gewesen. Sie sei nicht als Richterin an den Ombudsgesprächen und urteile nicht über die Straftat: «Ich habe während meiner Richtertätigkeit Einblick in viele Straffälle gehabt. Jetzt sehe ich, was es bedeutet, wenn die Untersuchungshäftlinge und die Verurteilten 24 Stunden am Tag in einer Anstalt sind und was sie für Anliegen haben», sagt Marianne Jeger. «Ich höre zu und schaue, ob man allenfalls an den Haftbedingungen etwas ändern könnte. Das ist ein interessanter Perspektivenwechsel.»