Vom Spital ins Gefängnis

Pflegefachfrau Barbara Blum vor einem Medikamentenschrank
Barbara Blum bei der Arbeit im UG Solothurn

Barbara Blum arbeitet täglich hinter Gittern. Die Pflegefachfrau versorgt die Insassen im Untersuchungsgefängnis Solothurn medizinisch. Eine andere Welt, nachdem sie 30 Jahre lang auf dem Notfall in einem Spital tätig war.

Es sieht aus wie in einer Arztpraxis: eine Liege, Messgeräte und ein Medikamentenschrank. Die Fenster des Raums sind jedoch mit Gittern gesichert. Kein alltäglicher Arbeitsort für eine Pflegefachfrau. Genau das habe sie aber gereizt, sagt Barbara Blum: «Nach meiner langen Zeit im Spital in Biel habe ich eine neue Herausforderung gesucht. Ich hatte keine Ahnung von Gefängnissen», erzählt die diplomierte Pflegefachfrau. Und so habe sie vor rund zwei Jahren im Untersuchungsgefängnis in Solothurn angefangen. «Zwei Dinge sind gleich wie bei meiner Tätigkeit auf dem Notfall: Ich mache die Triage und beurteile, was die Patienten brauchen. Und ich habe eher kurze Kontakte mit den Menschen. Ansonsten ist alles völlig anders», lacht sie.

«Unsere Erfahrung hilft bei Täuschungsversuchen»

Wunden verbinden, Blut entnehmen, Medikamente verabreichen. Das ist der Arbeitsalltag von Barbara Blum. «Kopfweh und Zahnweh sind die häufigsten Beschwerden.» Wenn die Pflegefachfrau oder auch die Hausärztin bei der wöchentlichen Visite nicht weiterhelfen können, dann organisiert Barbara Blum den Transport zu einem Spezialisten oder ins Spital: «Die Leute müssen auch mal zum Zahnarzt oder zum Augenarzt. Andere brauchen einen operativen Eingriff.» Solche Behandlungen finden ausserhalb des Gefängnisses statt, unter Begleitung der Sicherheitsorgane. Jedoch nur, wenn sie tatsächlich nötig sind. «Wir klären ab, ob wirklich ein Problem besteht. Dabei hilft unsere Erfahrung», sagt Barbara Blum. Sie hat wie alle im gut ausgebildeten Team einen höheren Fachschulabschluss in Pflege. «Einige täuschen einen epileptischen Anfall oder Asthma vor. Andere sagen, sie hätten eine Blinddarmentzündung. Wir merken rasch, ob die Beschwerden echt sind oder nicht.»

Ein dickes Fell, aber keine Angst

Bis zu 20 Mal steht Barbara Blum jeden Tag in Kontakt mit Insassen. Meist über die Luke an der Zelle. Wird jemand frisch eingewiesen, gibt es eine persönliche Gesundheitsbefragung. Dann sitzen ihr die Insassen gegenüber. Und wie reagiert ihr Umfeld, wenn sie sagt, sie arbeite in einem Gefängnis? Das reiche von «Wow, spannend!» bis zu «Ist das nicht gefährlich, du als Frau?». Barbara Blum antwortet dann jeweils, dass sie keine Angst verspürt. «Wir sind sicher hier und werden immer von einem Betreuer oder einer Betreuerin begleitet. Die meisten Insassen sind froh, dass es den Gesundheitsdienst gibt und wollen uns nichts Böses.» Aber ja, man müsse ein dickes Fell haben, sagt sie. Und man müsse abschalten können. «Wenn ich abends hier rausgehe, lasse ich die Arbeit hinter mir. Das war aber schon früher auf dem Notfall so.»