September 2023

Regierungsrat lehnt 1:85 Initiative ab

  • 27.09.2023

Eine kantonale Vollzeitstelle auf 85 Einwohnerinnen und Einwohner, dies verlangt die 1:85 Initiative. Der Regierungsrat lehnt die Initiative ab. Er erachtet die Vorgabe als zu starr. Die Initiative fokussiert einzig auf den Personalbestand. Sie setzt sich nicht mit den damit verbundenen staatlichen Leistungen und Aufgaben, den politischen Prozessen und den möglichen Konsequenzen für die Bürgerinnen und Bürger auseinander.

Hintergrund: Die Initiative fordert, die Steuerungsgrösse 1:85 gesetzlich festzuschreiben. Damit wollen die Initianten eine personalpolitische Obergrenze von einer Vollzeitstelle auf 85 Einwohner und Einwohnerinnen in die Gesetzgebung schreiben. Dies würde sämtliche Staatsangestellte betreffen, inklusive kantonale Lehrpersonen und Polizeiangehörige. Würde das Verhältnis 1:85 überschritten, müsste der Regierungsrat den gesetzmässigen Zustand innert zweier Jahre wiederherstellen. Ausnahmen könnten bei strukturellen Anpassungen durch den Kantonsrat beschlossen werden.

Initiative ohne Mehrwert und mit rechtlichen Hürden

Der Regierungsrat lehnt die 1:85 ab. Sie bringt zum einen keinen echten Mehrwert: Mit der wirkungsorientierten Verwaltungsverführung (WOV) kennt der Kanton Solothurn differenzierte Steuerungs- und Kontrollinstrumente. Zudem wurde der Regierungsrat im März 2022 vom Kantonsrat bereits mit einer Leistungsüberprüfung beauftragt.  Zum anderen ist unklar, ob die Umsetzung der Initiative überhaupt mit dem öffentlichen Arbeitsrecht vereinbar wäre.

Dies spricht gegen die Initiative:

  • Die geforderte Steuerungsgrösse 1:85 ist zu starr und bildet die Komplexität der Verwaltungsaufgaben nicht ab. Die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger sind unterschiedlich, je nach Altersgruppe oder Lebenssituation.
  • Die Umsetzung der Initiative hätte den Abbau von gut 150 Vollzeitstellen zur Folge. Dies würde zu einer massiven Reduktion von staatlichen Leistungen führen. Eine Vielzahl von gesetzlichen Änderungen wären somit an die Hand zu nehmen und die politischen Prozesse zu begleiten. Die dafür geforderte Frist von zwei Jahren ist unrealistisch.
  • Die Aufgabenverteilung zwischen Kantonsrat und Regierung ist einseitig. Der Kantonsrat als Leistungsbesteller von zahlreichen öffentlichen Dienstleistungen ist einer der Haupttreiber für das Wachstum der kantonalen Verwaltung. Für den Regierungsrat und die Verwaltung als Leistungserbringer wäre die gewünschte Steuerungsgrösse von 1:85 nur schwer einzuhalten.   
  • Im März 2022 wurde der Regierungsrat vom Kantonsrat mit einer Leistungsüberprüfung beauftragt. Obwohl die Initiative und die Leistungsüberprüfung im weiteren Sinne die gleichen Ziele verfolgen, ist eine Koppelung der beiden Projekte nicht möglich. Sie müssten, mit den entsprechenden Kosten, nebeneinander geführt werden.
  • Mit der Umsetzung der Initiative müsste im solothurnischen Personalrecht ein neuer Kündigungsgrund eingeführt werden. Es ist unklar, ob dies mit dem öffentlichen Arbeitsrecht überhaupt vereinbar wäre. Zudem verlöre der Kanton als Arbeitgeber mit einer entsprechenden Bestimmung an Attraktivität für potenzielle und bestehende Mitarbeitende.

Der Regierungsrat will dennoch prüfen, ob der Personalbestand noch effektiver gesteuert werden kann. Im Sinne der strategischen Zielsetzung der Standortstrategie 2030, welche neben einem attraktiven Standort auch eine effiziente, transparente und bürgernahe Verwaltung fordert, soll das Finanzdepartement in einem separaten Beschluss prüfen, ob ein ergänzendes und rechtskonformes Steuerungsinstrument geschaffen werden kann. Dieses soll zusammen mit der Leistungsüberprüfung dafür sorgen, den Personalbestand aktiver zu steuern.

Die nächsten Schritte

Als nächstes wird der Kantonsrat über die Vorlage beraten. Neben Annahme oder Ablehnung hat er die Möglichkeit, einen Gegenvorschlag zur Initiative zu verlangen. Dieser müsste dann vom Regierungsrat erarbeitet werden. Abschliessend entscheiden werden die Stimmberechtigten an einer Volksabstimmung.