Medienmitteilung

Stadtmist-Sanierung ist auf gutem Weg, aber PFAS verteuern das Vorhaben

  • 10.12.2025

Die Sanierung des Solothurner Stadtmistes schreitet sichtbar voran. Die Deponieteile Unterhof und Spitelfeld sind beide rund zur Hälfte saniert. Im Spitelfeld konnte mit der Rekultivierung begonnen werden. Für die Herausforderungen mit polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) konnten technische Lösungen gefunden werden. Diese führen aber zu deutlichen Mehrkosten.

Der Fortschritt der Sanierung des Solothurner Stadtmists ist gut sichtbar. Die Deponie Unterhof ist jetzt zur Hälfte, die Deponie Spitelfeld fast zur Hälfte saniert. Damit liegt die Sanierung trotz der Herausforderungen mit polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) und Radium 226 im Zeitplan. Die sanierte Fläche der Deponie Unterhof dient für die Baustelleninstallation und wird erst nach der Sanierung für die Nachfolgenutzung als Bauzone vorbereitet. Die ausgehobene Deponiefläche auf dem Spitelfeld wird etappenweise mit sauberem Aushubmaterial verfüllt und anschliessend für die landwirtschaftliche Nutzung rekultiviert. 

Lösungen für den Umgang mit PFAS-Belastungen liegen vor

Angesichts der zunehmenden Erkenntnisse über die weite Verbreitung und Toxizität von PFAS treiben viele Industrieländer aktuell die Einführung von Grenzwerten voran, so auch die Schweiz. Nachdem das Bundesamt für Umwelt 2023 Grenzwerte für schädliche polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) kommuniziert hatte, wurden im Stadtmist neue Beprobungen des Deponiekörpers durchgeführt. Dabei wurden insbesondere in den jüngeren Deponiebereichen des Spitelfeldes und des Oberen Einschlags PFAS nachgewiesen. Aufgrund der neuen Erkenntnisse müssen die Verfahren zur Behandlung des Aushubmaterials angepasst werden. Ziel ist es, die PFAS-Belastungen im Feinstmaterial zu konzentrieren und in den teilweise verwertbaren Produkten (Kiese, Sande) so weit wie möglich zu verringern. Tests haben gezeigt, dass die Behandlung des Materials technisch machbar ist.

Absatzwege für radiumhaltige Abfälle sind blockiert

Eine abschliessende Lösung für die Entsorgung der schwach radioaktiven Abfälle durch Radium 226 aus der Uhrenindustrie hingegen steht bislang noch aus. Diese sind so gering, dass für die Bevölkerung auch in der unmittelbaren Umgebung keine Gesundheitsgefährdung besteht. 

Sämtliches ausgehobenes Material wird auf Radioaktivität untersucht. Radioaktive Punktquellen (z.B. Behälter mit radiumhaltigen Leuchtmitteln für Zifferblätter) werden separat zwischengelagert und an die Sammelstelle des Bundes abgegeben. Da bisher nicht ausreichend Deponien gefunden werden konnten, um das diffus schwach radioaktive Material anzunehmen, muss das Material auf dem Deponiegelände zwischengelagert werden. 

Aufwändigere Behandlung führt zu erheblichen Mehrkosten

Das Aufbereiten des PFAS-haltigen Materials und der Umgang mit den schwach radioaktiven Abfällen ist aufwändig und reduziert die Kapazität der Abfallbehandlungsanlage. Die Entsorgung auf dafür geeigneten Deponien ist schwieriger und kostenintensiver. Aufgrund bestehender rechtlicher Unsicherheiten bezüglich PFAS-Grenzwerte sind viele Deponiebetreiber nicht oder nur zu höheren Preisen bereit, das Material anzunehmen.

Die Behandlung und die Entsorgung des belasteten Aushubs sowie die Bauteuerung werden die Sanierung des Stadtmistes verteuern. Insgesamt werden sich die Kosten gemäss aktuellem Stand der gesetzlichen Rahmenbedingungen auf rund 200 Mio. Franken belaufen. 40 Prozent der Kosten werden durch den Bund, 35 Prozent durch den Kanton und 25 Prozent durch die Grundeigentümer Stadt und Kanton Solothurn getragen. Die geplante Fertigstellung der Sanierung bis ins Jahr 2028 ist nach wie vor realistisch.

Massnahmen im Zusammenhang mit dem Baumbestand 

Entlang der Brühlgrabenstrasse und der Guggershofstrasse befinden sich Gruppen von älteren Weiden, Eschen und Erlen. Ursprünglich war vorgesehen, die Bäume zu schonen und auf den entsprechenden Flächen auf eine Sanierung zu verzichten, da sie auch nicht zwingend angezeigt ist.

In den vergangenen Monaten sind insbesondere an den Weiden jedoch wiederholt Äste abgebrochen. Untersuchungen haben gezeigt, dass fast alle Bäume altersbedingt krank sind. Aus Sicherheitsgründen müssen nun diverse Bäume zurückgeschnitten oder gefällt werden.

Die Erlen entlang der Brühlgrabenstrasse werden gefällt und ersetzt. Die Weiden an der Guggershofstrasse im Nordosten des Areals werden gestutzt und künftig als Kopfweiden gepflegt, so dass deren ökologischer Wert möglichst erhalten bleibt. Bei der Hecke im westlichen Bereich der Guggershofstrasse sind punktuelle Sicherungsmassnahmen vorzunehmen. Aktuell werden Konzepte für Ersatzbepflanzungen erarbeitet, um die Eingriffe auszugleichen.

 

Weitere Informationen: stadtmist.so.ch

 

PFAS: Die Substanzklasse der Per- und Polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) umfasst mehrere Millionen Einzelverbindungen. Diese Verbindungen bestehen aus teilweise (poly-) oder komplett (per-)fluorierten Kohlenstoffketten. Diese Struktur macht PFAS chemisch, biologisch und thermisch sehr stabil. Sie werden deshalb auch als «Forever Chemicals» bezeichnet. PFAS wirken sowohl wasser- als auch fettabweisend. Aufgrund dieser zahlreichen «vorteilhaften» Eigenschaften wurden PFAS seit den 1970ern sehr vielseitig eingesetzt: in Löschschäumen oder der galvanischen Industrie, aber auch in Regenschutzbekleidung, Teflon-Bratpfannen und vielen weiteren Anwendungen. Da PFAS kaum abbaubar sind, reichern sie sich in der Umwelt und in Lebewesen an. Das ist problematisch, denn einige PFAS sind gemäss heutigem medizinischen Kenntnisstand vermutlich krebserregend und könnten insbesondere schädlich für die Leber sein, sowie die Fruchtbarkeit und die Wirkung von Impfungen beeinträchtigen. Der Mensch nimmt PFAS über Trinkwasser und Nahrung auf. 

Es existieren bisher umweltrechtlich keine gesetzlichen Grenzwerte für PFAS. Das Bundesamt für Umwelt hat in einem ersten Schritt per Ende Januar 2023 Richtwerte kommuniziert. Auf Bundesebene existieren politische Vorstösse zum Thema PFAS. Die Bundesverwaltung ist beauftragt die entsprechenden Grenzwerte in den betroffenen Umweltbereichen auf Verordnungsstufe festzulegen. Dieser Prozess dürfte noch ein paar Jahre dauern. 

 

Radium: Radium 226 ist ein natürliches radioaktives Element, das aus dem Zerfall des überall in der Erdkruste vorkommenden Uran 238 entsteht. Das 1898 von Pierre und Marie Curie entdeckte Radium fand aufgrund seiner Leuchteigenschaften rasch vielseitige Verwendung in der Uhrenindustrie und wurde zur Behandlung von Krebs, insbesondere gynäkologischen Krebsarten, eingesetzt.

Zu Beginn der 1960er-Jahre sorgten Studien zur Schädlichkeit von Radium für eine Selbstregulierung des Radiummarktes (Rückgang der Nachfrage, Einfuhrverbot in bestimmten Ländern wie den USA), was die Uhrenindustrie veranlasste, Radium 226 zu ersetzen. In der Schweiz schränkte die Verordnung vom 19. April 1963 über den Strahlenschutz die Verwendung von Radium ein. Ab 1985 wurden Sammelaktionen lanciert, um Reste von Radiumfarbe einzusammeln. Dennoch gelangten viele Farbreste und Abfälle der radiumhaltigen Produkte auf Deponien.

Der Bundesrat verabschiedete zudem den Aktionsplan Radium, welcher zwischen 2015 bis 2023 umgesetzt wurde. Damit sollte die Problematik radiologischer Altlasten, die aus dem Einsatz von Radium-Leuchtfarbe in der Uhrenindustrie bis in die 1960er-Jahre entstand, gelöst werden.