Schuldencontrolling Gemeinden

Das Amt für Gemeinden führt über alle Gemeinden des Kantons ein Schuldencontrolling. Nach Eingang der Gemeinderechnungen der Einwohner (EG)-, Bürger (BG)- und Kirchgemeinden (KG) wird per Ende Januar eine Übersicht zum Stand der Nettoverschuldung bzw. zur Einhaltung des Haushaltgleichgewichts erstellt.

1. Ausgangslage

Gemeinden, welche die Bestimmungen zur Nettoverschuldung und zum Haushaltgleichgewicht nicht einhalten, werden auf eine sogenannte «Watchlist» (Aufsichtsliste) gesetzt. Das Vorgehen/Konzept basiert auf den RRBs Nr. 3054 vom 09.11.1982, Nr. 1740 vom 18.08.1998 und Nr. 392 vom 23.02.1999.

2. Kriterien

Folgende Kriterien dienen als Beurteilungsbasis, ob eine Gemeinde auf die Watchliste gesetzt wird:

2.1. EG/KG-Nettoschuld/Kopf

EG CHF 5'000.-- /Kopf
KG CHF 750.--/Kopf
BG-Bilanzfehlbetrag: Falls die BG ein negatives Eigenkapital (EK) im Rechnungsjahr erzielt

2.2. Einhaltung Haushaltgleichgewicht (HHG)

Ein allfälliger Bilanzfehlbetrag (Verlustvortrag) ist innerhalb von 5 Jahren seit der erstmaligen Entstehung gemäss Art. 144. Abs. 2 des Gemeindegesetzes (GG) und ergänzendem RRB vom 9.11.82 abzutragen. Gültigkeitsbereich EG, BG, KG.

2.3 Schuldenbremse

Mit der Einführung der neuen Rechnungslegung gelten bezüglich der Schuldenbegrenzung erweiterte Bestimmungen: Gestützt auf § 136 Abs. 3 Gemeindegesetz (GG) sind die Einwohnergemeinden verpflichtet, die sogenannte «Schuldenbremse» einzuhalten. Diese Bestimmung regelt, dass der Selbstfinanzierungsgrad im nächsten Budget mindestens 80% betragen muss, sofern in der letzten Jahresrechnung eine Nettoverschuldung (Nettoverschuldungsquotient) von über 150% bei Einwohnergemeinden respektive über 30% bei Kirchgemeinden vorliegt. Mit dieser Vorgabe wird eine Neuverschuldung nicht generell verhindert, sondern diese wird auf maximal 20% der jeweiligen Nettoinvestitionen beschränkt.

Das Ziel einer Selbstfinanzierung von 80% ist durch eine Begrenzung der Nettoinvestitionen oder durch eine Erhöhung der Selbstfinanzierung zu erreichen. Bei Gemeinden, die diese Zielvorgabe nicht erreichen, kann das Departement in besonderen Fällen Ausnahmen bewilligen (§ 136 Abs. 4 GG).

3. Klassierung

Gemeinden werden nach der Laufzeit des Haushaltgleichgewichts (Zeitpunkt bis das Haushaltsgleichgewicht erreicht werden kann) klassiert:
 

KlassierungBeurteilung
DBilanzfehlbetrag seit 3 Rechnungsjahren
= Hoher Handlungsbedarf AGEM (Phase 3)
CBilanzfehlbetrag seit 2 Rechnungsjahren
= Mittlerer Handlungsbedarf AGEM (Phase 2)
BBilanzfehlbetrag seit 1 Rechnungsjahr
= Geringer Handlungsbedarf (Phase 1)
AKein Bilanzfehlbetrag (nicht auf Watchlist)
= Kein Handlungsbedarf AGEM

 

4. Bearbeitung Watchlist in 3 Phasen

Das AGEM-Vorgehen gliedert sich in drei Phasen:

Phase 1: 
Erhebung der Daten wie Nettoschuld pro Kopf, Bilanzfehlbetrag oder Bilanzüberschuss (Eigenkapital), Schreiben an Gemeinde mit Erinnerung an die Regelung nach HBO Ziffer 16.3.3 durch das AGEM.

Phase 2: 
Beratung der Gemeinden (Besprechen der Plandaten aus Budget und Finanzplan). Stellungnahme des AGEM auf der Grundlage der Plandaten und Feststellen der Finanzlage der Gemeinde aus Sicht des Kantons.

Phase 3: 
Nach dem dritten Rechnungsjahr einer Fortschreibung des Bilanzfehlbetrages wird die Gemeinde aufgefordert, unmittelbar nachhaltige Massnahmen zu ergreifen, um das Haushaltgleichgewicht innerhalb der maximal zulässigen Laufzeit von fünf Jahren (seit der erstmaligen Entstehung des Bilanzfehlbetrages) abtragen zu können.
Falls das AGEM die vom Gemeinderat beschlossenen Massnahmen als unzureichend beurteilt, kann die Einleitung eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens nach § 211 ff GG beim Regierungsrat beantragt werden.

5. Aufsichtsrechtliches Verfahren

Für Gemeinden, die auf der Watchliste figurieren, gilt bei Erreichen der Phase 4 das aufsichtsrechtliche Verfahren gemäss Gemeindegesetz (GG, § 211ff). Dieses Verfahren umfasst folgende Schritte:

Prüfung auf Gesetzeswidrigkeiten/Missstände nach § 208 lit. c und § 211ff GG

Feststellungen bekanntmachen: Schriftliche Feststellung der Mängel oder Gesetzeswidrigkeiten durch das AGEM zu Handen der Gemeinde und Einforderung einer Stellungnahme;

Stellungnahme Gemeinde und Beratung AGEM: Stellungnahme durch die Gemeindebehörde, wobei in dieser Phase das AGEM beratend beigezogen werden kann;

Antrag auf Einleitung Aufsichtsverfahren: Falls die Stellungnahme bzw. Massnahmen der Gemeinde nicht zur Behebung des Missstandes führen, stellt das AGEM Antrag auf Einleitung eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens (§ 211 GG) mit folgenden möglichen Optionen:

Untersuchung: Eröffnung einer Untersuchung: Federführung AGEM und Vorlage eines Berichts zu Handen des Regierungsrates.

Aufforderung durch Regierungsrat: Bestätigt der Bericht die Missstände, fordert der Regierungsrat die Gemeinde auf, diese innert einer bestimmten Frist zu beheben (§ 212 Abs. 1 GG);

Regierungsrätliche Massnahmen: Behebt die Gemeinde die Missstände nicht, so kann der Regierungsrat erforderliche Anordnungen treffen oder entsprechende Massnahmen durchführen lassen (§ 212 Abs. 2 GG); Kantonsrätliche Sachwalterschaft:

Sachwalterschaft: Falls die gesetzmässige und geordnete Verwaltung auf längere Zeit nicht durch die Gemeinde gewährleistet werden kann, wird die Selbstverwaltung durch den Kantonsrat entzogen (§ 213 GG).