Ein Jahr nach Lothar - eine Bilanz aus Solothurner Sicht

20.12.2000 - Solothurn – Rund ein Jahr nach dem Orkan Lothar konnte im Kanton Solothurn fast sämtliches Sturmholz aufgearbeitet und der grösste Teil davon auch verkauft werden. Mehr als drei Viertel des Holzes wurden bereits aus dem Wald abgeführt und etwa 53'000 m3 Holz werden derzeit noch werterhaltend gelagert. Wenn auch lokal massive Schäden zu verzeichnen waren, wurden lediglich zwei Prozent des Solothurner Waldes in Mitleidenschaft gezogen. Diese Bilanz zog Kantonsoberförster Jürg Froelicher ein Jahr nach dem Orkan Lothar.

Die effektive Schadholzmenge von 237'000 m3 - etwas mehr als eine Jahresnutzung - liegt nur zehn Prozent über dem kurz nach dem Ereignis geschätzten Wert. Rund 20'000 m3 werden nicht genutzt und bleiben als Totholz liegen. Von den Schäden sind 600 Hektaren Wald betroffen, wovon mehr als die Hälfte total zerstört wurde. Obwohl der Wald in ökologischer Hinsicht keinen Schaden erlitt, sind die materiellen Verluste für die Waldeigentümer sehr gross und die negativen ökonomischen Folgen werden sich noch mehrere Jahre auf die Forstbetriebe auswirken. Wird der nächste Frühling zudem warm und trocken, ist eine Massenvermehrung von Borkenkäfern zu befürchten.

Dank gezielter Sofortausbildung des Forstpersonals, guter und rascher organisatorischer Arbeit der Förster sowie moderner Ausrüstung und Maschinen konnten die Unfallrisiken für die äusserst gefährlichen Arbeiten minimiert werden. Zudem ordnete der Forstdienst zur Gewährleistung der Sicherheit entlang von Verkehrswegen die Fällung von Bäumen an, die ein Gefahrenrisiko darstellten. Ebenfalls angeordnet wurde die Räumung von Bachtobeln, um bei allfälligen starken Niederschlägen Verklausungen (Dammbildungen durch verkeiltes Holz) mit nachfolgenden Überschwemmungen und Murgängen (Schlammlawinen) zu verhindern sowie von Wanderwegen, um die Begehbarkeit wieder zu gewährleisten.

Zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten konnte zudem stark betroffenen Waldeigentümern mittels zinsloser Darlehen von gesamthaft einer halben Million Franken rasch geholfen werden. Weiter unterstützt der Schweizerische Elementarschädenfonds schwer betroffene Privatwaldeigentümer mit 40 Franken pro Are Totalschaden. Im Kanton Solothurn gelangen so in 61 Fällen 135'000 Franken an Unterstützungsbeiträgen zur Auszahlung.

Das Ereignis Lothar konnte auf kantonaler Ebene auch politisch mit der Bewilligung von zwei Verpflichtungskrediten von gesamthaft 2,9 Millionen Franken durch den Kantonsrat zügig bewältigt werden. Da die Finanzierung über den kantonalen Forstfonds erfolgt und somit keine Steuergelder verwendet werden müssen, wird dadurch die Staatsrechnung nicht belastet. Für die Wiederherstellung der Wälder und die Instandstellung der Waldwege können hingegen in den kommenden Jahren zusätzlich 3,3 Millionen Franken Bundesbeiträge ausgelöst werden. Dennoch werden den betroffenen Waldeigentümern Restkosten in Millionenhöhe verbleiben.

Willkommene Hilfe erhielten die Waldeigentümer durch den Zivilschutz. In 40 Einsätzen wurden an 8'100 Diensttagen wertvolle Arbeiten im Wald geleistet. Die Einsätze wurden von allen Beteiligten sehr geschätzt und die Zusammenarbeit unter den involvierten Stellen funktionierte reibungslos. Zur Räumung der Teufelsschlucht in Hägendorf gelangte zudem eine militärische Spezialeinheit zum Einsatz. Solothurnische Rettungstruppen leisteten auch in anderen Kantonen wirksame Hilfe.

Generell ist der Wille der Waldeigentümer zur Selbsthilfe und zur engeren Zusammenarbeit sowie die Solidarität unter einzelnen Gemeinden positiv hervorzuheben. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich als Folge von Lothar in einzelnen Regionen neue und effizientere Zusammenarbeitsformen entwickeln werden.

Besonders markant haben sich die Folgen des Orkans Lothar auf den Holzmarkt ausgewirkt. Die Erlöse sanken um durchschnittlich 30 Prozent. Besonders beim Nadelholz werden sich die Preise nur schwer erholen, da auch im nächsten Jahr der Inlandmarkt mit Sturmholz und voraussichtlich auch mit Käferholz in grösseren Mengen beliefert wird. Die Forstbetriebe sehen sich deshalb gezwungen ihre normale Holznutzung einzuschränken, was sich letztlich negativ auf die Arbeitsplätze auswirken kann. Von dieser Entwicklung sind alle Forstbetriebe betroffen, auch jene, die Lothar verschonte.
Im Herbst wurden erste vom Borkenkäfer befallene Bäume festgestellt. Bei einem trockenen und warmen Frühling ist deshalb mit einer Massenvermehrung von Borkenkäfern zu rechnen. Um weitere, grössere Schäden zu vermeiden, werden die Förster angewiesen, befallene Bäume frühzeitig zu fällen und aus dem Wald zu führen.