Stellungnahme des Kantons Solothurn zur Vorlage des Bundesrates zur Neuregelung der Spitalfinanzierung im Rahmen der Teilrevision des KVG
20.09.2000 - Solothurn - Der Regierungsrat des Kantons Solothurn lehnt die Vorlage des Bundesrates zur Neuregelung der Spitalfinanzierung wegen der sozial-, gesundheits- und finanzpolitischen Tragweite als Ganzes ab. Der Vorschlag des Bundesrates würde für den Kanton Solothurn eine finanzielle Mehrbelastung von 10% des Staatssteuerertrages bedeuten, dies ist schlichtweg untragbar. Eine Besserstellung der Privatversicherten (Zusatzversicherten) über eine Mehrbelastung der Allgemeinversicherten (Grundversicherten) und der Kantone ist nicht akzeptierbar, die für die Allgemeinversicherten absehbaren Prämienerhöhungen sind inakzeptabel. Der Regierungsrat erwartet deshalb, dass das eidgenössische Parlament die Vorlage zur Überarbeitung an den Bundesrat zurückweist.
1. Nein zur Subventionierung von Privatbehandlungen
Der Bundesrat schlägt vor, Spitalaufenthalte von Privatpatientinnen und -patienten neu nach dem gleichen Prinzip zu finanzieren wie jene von Allgemeinpatientinnen und -patienten. Das bedeutet, dass sämtliche Spitalaufenthalte praktisch vollständig von der Grundversicherung und der öffentlichen Hand getragen werden sollen. Die Vorlage des Bundesrates hat deshalb vor allem eine Entlastung der Zusatzversicherung zur Folge, die nur noch für den Zimmerkomfort und die freie Wahl des behandelnden Arztes aufkommen muss. Dies bedeutet einen massiven Anstieg der Grundversicherungsprämien. Unsere Berechnungen zeigen, dass gleichzeitig die Kantonsfinanzen mit Mehrausgaben von rund 50 Mio. Franken pro Jahr belastet werden. Diese Mehrbelastung entspricht somit rund 10% des Staatssteuerertrages. Ohne eine entsprechende Steuererhöhung wird sich die finanzielle Situation des Kantons Solothurn weiter verschärfen. Im Gegenzug dafür werden Privatbehandlungen und –aufenthalte subventioniert. Das kann ja wohl nicht das Ziel einer tragfähigen und zukunftsträchtigen Gesetzesrevision sein!
2. Nein zur Ausweitung der Subventionierungspflicht auf alle Privatspitäler
Die vorgeschlagene Neuregelung ist mit den Grundsätzen des KVG von mehr Markt und Wettbewerb im Gesundheitswesen unvereinbar. Privatspitäler arbeiten in der Regel als gewinnorientierte Unternehmungen auf eigenes Risiko. Wir setzen uns dagegen zur Wehr, diesen Unternehmen flächendeckend mit Steuermitteln unter die Arme zu greifen; in unserem Kanton würde das zu einer Mehrbelastung von 5 Mio. Franken pro Jahr führen. Wenn schon, müssten die Privatspitäler als Gegenleistung einen öffentlichen Versorgungsauftrag übernehmen und sich der Spitalplanung unterwerfen. Ob diese Spitäler sich hierzu verpflichten lassen, ist mehr als fraglich.
3. Fragwürdige Subventionierungspflicht für teilstationäre Behandlungen
Mit dem KVG haben die Kantone einen "Sparauftrag" im stationären Spitalbereich erhalten. Sie müssen Betten abbauen und sogar Spitäler schliessen. Dies ist für die Kantone eine schwierige und schmerzhafte Aufgabe. Es kann nicht sein, dass die Sparbemühungen der Kantone, die nun langsam Wirkung zeigen, durch das "Ausweichen" auf einen anderen Bereich (vom ambulanten in den teilstationären) abgeblockt werden. Zudem ist damit zu rechnen, dass durch diese Lösung Anreize geschaffen werden, bisherige ambulante Behandlungen in der Arztpraxis neu im Spital "teilstationär" zu erbringen, was eine unkontrollierbare Verschiebung der bisherigen Gesundheitsversorgung mit sich bringen würde.
4. Ja zu einer gerechten Aufteilung der Lasten zwischen den Kassen und der öffentlichen Hand
Mit der neuen Spitalfinanzierung werden die Belastungen der Finanzierungspartner massiv umverteilt. Wir sind deshalb der Meinung, dass der Verteilschlüssel für anrechenbaren Spitalkosten (Kostenteiler) so ausgestaltet werden muss, dass er den durch die Vorlage verursachten Mehrbelastungen der jeweiligen Finanzierungspartner Rechnung trägt. Im Kanton Solothurn entspräche dies einem Anteil von 70% für die Krankenversicherer und 30% für die öffentliche Hand.
Mit der Einführung des KVG wollte der Gesetzgeber das "Giesskannenprinzip" der Subventionierung in der Gesundheitsversorgung aufheben und die öffentlichen Gelder für eine gezielte Unterstützung bedürftiger Haushalte verwenden. Die vorgeschlagene Neuregelung macht diese Bestrebungen zunichte, ja verschärft sie sogar. Sie "belohnt" die Falschen, nämlich diejenigen, die sich eine Privatversicherung leisten können, und "bestraft" all die, die sich nur (noch) die Grundversicherung leisten können und schliesslich auch die Steuerzahlerin und den Steuerzahler. Gegen diesen "Missbrauch" der Subventionierung setzen wir uns entschieden zur Wehr! Steuermittel sollten dafür eingesetzt werden, die gesundheitliche Versorgung für wirtschaftlich schlechter gestellte Personen sicherzustellen und nicht um Wohlhabenden den Spitalaufenthalt zu "vergolden".
Der Vorschlag des Bundesrates geht bei weitem über eine blosse Teilrevision des KVG hinaus. Infolge der massiven Verschiebung der Finanzlast und deren Auswirkungen würde er einen gravierenden Eingriff in unser Gesundheitswesen darstellen.