Wahlbeschwerde Dorneck: Kantonsratskommission beantragt Gutheissung
18.04.2001 - Solothurn – Die kantonsrätliche Spezialkommission zur Vorberatung der Wahlbeschwerde von Max Eichenberger (Rodersdorf) und Gabriel Brodmann (Witterswil) gegen das Ergebnis der Kantonsratswahlen im Bezirk Dorneck beantragt dem Kantonsrat die Gutheissung der Beschwerde. Die Kommission ist grossmehrheitlich der Meinung, die Stimmen für Marie-Christine Ingold (Grüne Dorneck), die den Bezirk vor dem Wahltag am 28. Februar 2001 nach Arlesheim BL verlassen hatte, seien trotz Wegzugs aus dem Kanton zu zählen. Die Kommission erkennt eine Lücke im Gesetz über die politischen Rechte. Sie beantragt deshalb ein Vorgehen in Analogie zur Regelung des Bundes, der Wählerstimmen an Verstorbene als Kandidaten- und damit auch als Parteistimmen zählt. Die Stimmen für Frau Ingold müssten somit, entgegen dem Antrag des Regierungsrates, gezählt werden, was eine Nachzählung im Bezirk Dorneck bedeuten würde. Das Amt als Kantonsrätin könnte sie aber wegen ihres ausserkantonalen Wohnsitzes nicht antreten.
Die unter dem Präsidium von Andreas Gasche (FdP, Oekingen) tagende Wahlprüfungskommission hat an ihrer Sitzung vom 17. April mit 5 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, dem Kantonsrat die Gutheissung der Wahlbeschwerde zu beantragen. Die Kommission hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass Frau Ingold die Wählbarkeit in den Kantonsrat beim Anmeldeverfahren zuerkannt worden sei. Ein Wähler, der auf dem Wahlzettel Frau Ingold die Stimme geben wollte, müsste sich darauf verlassen können, dass die Stimme der Kandidatin und damit ihrer Partei zufällt. Die Kommission ist in diesem Sinne der Meinung, dass der Wählerwille massgebend sei. Es bestehe eine Lücke im Gesetz und die Stimmen für Frau Ingold müssten trotz ihres Wegzugs als gültige Kandidatenstimmen gezählt werden. Sie selber kann aber – wegen ihres Wechsels des Stimmdomizils - das Amt als Kantonsrätin nicht ausüben.
Der Kommissionsentscheid bedeutet, dass der Kantonsrat eine Nachzählung der Wahlzettel im Bezirk Dorneck veranlassen muss. Die Kommission wollte damit dem Antrag des Regierungsrates nicht folgen, wonach Frau Ingold die Stimmberechtigung und damit die Wählbarkeit mit der Aufgabe des Wohnsitzes (rund eine Woche vor den Wahlen) im Kanton verloren hat und die Stimmen demnach als ungültige Kandidatenstimmen zu behandeln seien.
Die Kommission beschloss zudem die Einreichung einer Kommissionsmotion, mit welcher die Lücke im Gesetz über die politischen Rechte ausgefüllt werden kann.
Die Wahlbeschwerde wird an der konstituierenden Sitzung des Kantonsrates am 8. Mai behandelt. Die 11 Mitglieder des Kantonsrates aus dem Bezirk Dorneck dürfen weder mitberaten noch mitbestimmen. Sollte der Kantonsrat dem Antrag der Wahlprüfungskommission folgen, würde noch gleichentags eine Nachzählung der Wahlzettel im Bezirk Dorneck vorgenommen.