Dokumentation: Der Steinbruch Firsi - eine alte Geschichte
02.08.2001 - Wo heute in etwa 600 m Höhe der Kalkstein des Steinbruchs Firsi liegt, befand sich vor 145 Millionen Jahren, also gegen Ende der sogenannten Jura-Zeit, ein ausgedehntes warmes Flachmeer, das sich vom böhmischen Massiv bis zu den Pyrenäen erstreckte, den grössten Teil von Frankreich überdeckte und bis Südengland reichte. Im Süden, wo jetzt unsere Alpen liegen, befand sich ein tiefer Ozean, die Tethys, so benannt nach der Gattin des griechischen Meeresgottes Okeanos.
Aus dem flachen Jurameer erhoben sich Inseln mit Korallenriffen und Lagunen, beispielsweise in der Nähe von Solothurn, wo Saurierspuren, Schildkröten und die zahlreichen Schnecken im Solothurner Kalk auf die damalige Landnähe hindeuten. Im Flachmeer wurde der Kalk abgelagert, der viel später den wertvollen Rohstoff für den Wirtschaftsraum am Jurasüdfuss liefern würde. Der Firsi-Kalk besteht vorwiegend aus zerfallenen und durch Wellen und Brandung verriebenen Schalenresten von abgestorbenen Muscheln, Schnecken, Planktontierchen usw. sowie aus direkt aus dem warmen Meerwasser gefälltem Kalkschlamm. Durch den Druck der jüngeren, überlagernden Schichten bildete sich aus diesen Ablagerungen mit der Zeit der Kalkstein. Für die Entstehung von 20 m Kalkstein braucht es etwa 1 Million Jahre oder für einen 30 cm dicken Gartenmauerstein etwa 15'000 Jahre!
Mit der Jurafaltung und dem Abtrag der überlagernden jüngeren Schichten durch verschiedene Vergletscherungen, letztmals vor etwa 40'000 Jahren, ist der Kalk am Jurasüdfuss wieder zum Vorschein gekommen. Dank seiner grossen Mächtigkeit, günstigen Bankung und fast horizontalen Lagerung eignet er sich bestens für den Abbau als Rohstoff, besonders an einem Ort wie das Firsi, wo der gut versteckter Steinbruch das Landschaftsbild nicht stört.
Früher war das Firsi Weidland (Allmend der Bürgergemeinde). Im vorletzten Jahrhundert wurde es aufgeforstet. Jetzt wird es vorübergehend wieder dem Wald zwecks Kalkgewinnung entzogen, um dann in etwa 40 Jahren etappenweise aufgefüllt und erneut aufgeforstet zu werden. Die neue Geländegestaltung ist gleichzeitig eine Chance: kleine Felswände, Trockenstandorte, Feuchtbiotope und Pionierflächen können freigehalten werden und den sonst eher monotonen Wald am Vorberg beleben. Auch während dem langjährigen Abbaubetrieb bietet der Steinbruch mit seinen Wänden und Schuttflächen willkommene Standorte für eine enorme Artenvielfalt.
In Anbetracht der vielen Millionen Jahre die es brauchte, bis Kalkstein im Firsi abgebaut werden konnte, sind die vier Jahre, die es benötigte für die Planung und Bewilligung des Steinbruchs eine kurze Zeit. Der Steinbruch ist mit seinem Volumen von vier Millionen Kubikmetern ein wichtiges Standbein der kantonalen Rohstoffversorgung. (Dr. Henri Kruysse, Geologe, Solothurn)