Solothurn – Funde aus dem Zeitglockenturm werden ausgestellt

26.02.2001 - Solothurn - Die Denkmalpflege zeigt im Schaufenster der Bijouterie Hofer in Solothurn (beim Hotel Roter Turm) eine Auswahl von Funden, die anlässlich der Restaurierung des Zeitglockenturms im Jahr 1999 bei den Reinigungsarbeiten zum Vorschein kamen. Darunter befanden sich zum Teil erstaunliche Gegenstände wie beispielsweise Scherben vornehmer Trinkgläser, vorwiegend aus dem 16. Jahrhundert, oder Flaschen verschiedensten Formats, die einst Medikamente, Trinkbares oder Öle zum Schmieren des Uhrwerks enthalten hatten.

Vom alten Turmdach, das 1564 durch den heutigen mit Kupfer beschlagenen Helm ersetzt worden ist, sind aussagekräftige Bruchstücke von verschiedenen farbig glasierten Ziegeln erhalten. Sie lassen auf eine bunte Eindeckung des alten Turmdachs schliessen. Sogar Holzschindeln, mit denen die Ziegel im 15.und im frühen 16. Jahrhundert unterlegt waren, wurden gefunden.

Aus mehreren Kilogramm Glasscherben konnten bei der Bearbeitung über sechs verschiedene Typen von Fensterverglasungen festgestellt werden. In der Ausstellung sind zwei Beispiele zu sehen. Der ältere Typ war eine kombinierte Anwendung von zugeschnittenem Flachglas und Butzen (16. Jahrhundert), der jüngere stellt eine klassische Butzenscheibenverglasung dar. Vereinzelt sind zu diesen Verglasungen auch die Fensterrahmen aus Eichenholz erhalten geblieben.

Als besonderer Fund gelten die Überreste einer kostbaren Wappenscheibe. Sie kamen unter dem Südfenster in der ehemaligen Wächterstube zum Vorschein. Die von einem "..Her zu Jenff.." (Jenff = alte Schreibweise für Genf) aus unbekanntem Anlass gestiftete Scheibe ist das Werk eines bislang noch nicht identifizierten, aber sicher bedeutenden Glasmalers und gehört zum besten, was aus dieser Zeitepoche erhalten ist. Die Scheibe ist in der Ausstellung als Fotografie präsentiert, weil sie zur Zeit von Fachleuten wissenschaftlich untersucht wird.

Als Urkunde, in der der Zeitglockenturm erstmals archivalisch fassbar wird, ist ein Burgrechtsbrief von 14o6 und als Laserkopie ebenfalls zu bewundern. Laut dieser Urkunde ist auf das älteste erhaltene Bauwerk von Solothurn ein Udel (Udel = Wohnrecht, Voraussetzung für ein Burgrecht) ausgestellt worden. Der Turm hatte also zu Beginn des 15. Jahrhunderts mindestens zwei öffentliche Funktionen als Träger der Zeitglocke und als symbolischer Wohnturm für Vertreter des Kleinadels. Die kleine Ausstellung, für die die Bijouterie Hofer ihr Schaufenster kostenlos zur Verfügung stellt, findet eine Ergänzung im Staatsarchiv Solothurn. Dort sind in Vitrinen einige der wichtigsten Dokumente zu besichtigen, die einschlägige Nachrichten zum Turm enthalten. Neben den beiden Burgrechtsurkunden von 1406 mit der frühesten Erwähnung des Turms findet man auch Eintragungen in verschiedene Staatsrechnungen des 15. und 16. Jahrhunderts. Im Eidbuch, in dem der Turmwächtereid festgehalten ist, sind auch Arbeitsverträge (Verding) mit namhaften Handwerkern zu finden, die am Turm gearbeitet haben.