Olten: Gemeinde- und Stadtratswahlen vom April werden wiederholt

13.07.2001 - Solothurn - Der Regierungsrat ist an einer ausserordentlichen Sitzung auf die Wahlbeschwerde von Robert Lamberti gegen die Gemeinderatswahlen in Olten vom 22. April 2001 eingetreten und hat entschieden, dass diese wiederholt werden müssen. Lamberti machte in seiner Beschwerde geltend er habe erfahren, dass sein Parteikollege - der bisherige Gemeinderat Linus Dobler (CVP) - 100 Stimmcouverts gekauft habe. Die daraufhin eingeleitete Strafuntersuchung hat die Vorwürfe bestätigt. Weil beim gleichentags stattfindenden 2. Wahlgang zu den Stadtratswahlen ebenfalls Unregelmässigkeiten entdeckt wurden, hat der Regierungsart auch die Wiederholung diese Wahlganges verfügt. Die Ermittlungen der Strafbehörden sind noch nicht abgeschlossen. Die Wahl wird am 23. September wiederholt.

Aufgrund der bisher vorliegenden Geständnisse und Sachbeweise kann davon ausgegangen werden, dass Linus Dobler auf 109 oder 111 Stimmrechtsausweisen die Unterschrift gefälscht hat. Bei zwei Ausweisen kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob diese von Dobler stammen. Bei weiteren zweifelhaften Stimmrechtsausweisen bestreitet Dobler, dass die Unterschriften von ihm stammen. Den grössten Teil des Wahlmaterials hat Dobler von einem Beschuldigten erhalten der zugab, 77 Zustellcouverts mit Stimmrechtsausweisen aus dem Altpapier entnommen und für fünf Franken pro Stück an Dobler verkauft zu haben. Dobler hat zudem ausgesagt, dass er ausschliesslich CVP-Listen oder Wahlzettel ohne Parteibezeichnung verwendet habe. Auf den letzteren habe er entweder sich selber oder mit einem anderen Kandidaten kumuliert. Dobler hat auch eingestanden, in jedem Zustellcouvert auch für die Stadtratskandidatin Chantal Stucki gestimmt zu haben.

Die tatsächliche Anzahl manipulierter Stimmrechtsausweise und Wahlzettel lässt sich zur Zeit nicht abschliessend beziffern, obwohl Dobler - nach anfänglichem Leugnen der Vorwürfe - mit der Staatskanzlei kooperiert hat. Dennoch können nicht alle offenen Fragen eindeutig geklärt werden. Die mangelnde Glaubwürdigkeit Doblers muss auch in Betracht gezogen werden.
Mängel auch in der Stadtverwaltung
Die Untersuchung der Staatskanzlei hat auch ergeben, dass seitens der Stadtverwaltung leichtfertig mit Wahl- und Stimmmaterial umgegangen wurde und diverse Mängel vorliegen. So wurden Dobler z.B. Duplikate von 14 Stimmrechtsausweisen ohne besonderen Ausweis oder Vollmacht der betreffenden Personen abgegeben. Die Ersatzausweise wurden zudem nicht einmal als Ersatzausweise gekennzeichnet.

In einem Fall ist sogar vorgekommen, dass ein Stimmbürger doppelt gewählt hat. Er hatte aufgrund seines externen Wochenaufenthaltes das Stimmmaterial doppelt erhalten.

Die per Post eingegangenen Zustellcouverts wurden auf der Stadtverwaltung in offenen Kisten im Postbüro gelagert. Gleiches galt für die im Briefkasten der Stadtverwaltung eingegangen Zustellcouverts. Damit kann eine Manipulation zumindest nicht ausgeschlossen werden.

Die Trennung der Stimmrechtsausweise von den Zustellcouverts sind gemäss Gesetz vor versammeltem Wahlbüro vorzunehmen. In Olten geschah dies im Postbüro unmittelbar nach Leerung des Briefkastens. Hier handelt es sich um eine mögliche Pflichtverletzung im Sinne von § 169 b) des Gesetztes über die politischen Rechte welche von den Gerichtsbehörden zu beurteilen ist.

Wie weiter
Aufgrund all dieser Tatsachen kam der Regierungsrat zum Schluss, dass eine Korrektur der Wahlen nicht möglich ist und diese deshalb zu wiederholen seien. Da das Anmeldeverfahren in beiden Fällen korrekt verlief, werden die Gemeinderatswahlen und der zweite Wahlgang der Stadtratswahlen vom 22. April 2001 ab erfolgtem und korrekt durchgeführten Anmeldeverfahren kassiert, d.h. annulliert.

Die Wiederholung der Wahl ist auf den 23. September festgelegt worden. An diesem Wahlgang können grundsätzlich alle Kandidaten die sich am 22. April zur Wahl stellten teilnehmen. Ersatznominationen und neue Wahlvorschläge sind ausgeschlossen. Wahlverzichte sind möglich und müssen bis Montag 6. August 2001, 17 Uhr der Stadtkanzlei mitgeteilt werden. Dies gilt für die Wahlen in den Gemeinderat wie für den 2. Wahlgang der Stadtratswahl.