Psychiatrische Dienste – Leistungsangebot und Infrastruktur weiterentwickeln

09.08.2002 - Solothurn - Wachsende Kosten, steigende Nachfrage, Stärkung der Zusammenarbeit unter den Spitälern und Förderung qualitätssichernder Massnahmen. Das sind nur einige Stichworte aus dem Jahresbericht 2001 der Psychiatrischen Dienste des Kantons Solothurn (PDKS). Positiven Perspektiven - mit einem sinnvollen Ausbau des Leistungsangebotes und mit dem Beginn der Neu- und Umbauten - stehen Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung und ein nicht ganz befriedigendes Rechnungsergebnis gegenüber.

Der Präsident der Psychiatriekommission, Ulrich Bucher, stellt in seinem Geleitwort zum Jahresbericht 2001 einen Widerspruch fest: Die Forderung nach günstigeren Gesundheitskosten nehme ebenso zu wie die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen. Allerdings wolle kaum jemand einen adäquaten Preis bezahlen, was zu steigendem Finanzdruck auf öffentliche Leistungserbringer führe, und weil beide Entwicklungen nicht vereinbar seien, bleibe es bei sehr kleinen Schritten auf dem Weg zu günstigeren Strukturen in der solothurnischen Spitallandschaft. Um so wichtiger sei es, möglichst alle internen Reibungsverluste zu minimieren – zum Beispiel dadurch, "jeden Tag etwas zu einer positiven Stimmung am Arbeitsplatz beizutragen".

Selbständig Synergien nutzen
Die Arbeiten an einem Leitbild sind im Berichtsjahr abgeschlossen worden. Ausgewählte Schwerpunkte werden künftig als Jahresziele bezeichnet. Im laufenden Jahr wird das Augenmerk auf den respektvollen Umgang mit Patienten, ihren Angehörigen und den zuweisenden Stellen gelegt. Ebenso wurden die qualitätssichernden Massnahmen fortgeführt und weiterentwickelt. Die Erhebung der Patientenzufriedenheit, welche insgesamt ein positives Resultat zeigte, gibt wichtige Hinweise für weitere Verbesserungen.

Im Mai 2001 hatte der Regierungsrat entschieden, die Psychiatrischen Dienste weiterhin als unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalt zu führen und sie nicht mit dem Bürgerspital Solothurn und dem Spital Grenchen in der "Spitalregion West" zu vereinigen. Dieser Entscheid sei positiv aufgenommen worden, schreibt der Vorsitzende der Geschäftsleitung, Rolf Neuenschwander. Mit der Beibehaltung der Selbständigkeit sei am besten Gewähr geboten, den Leistungsauftrag zum Wohl des psychisch kranken Menschen zu erfüllen. Unabhängig davon werde aber in einigen überregionalen Projekten das Ziel verfolgt, die Leistungen durch die Ausnützung von Synergien kostengünstiger anbieten zu können.

Beginn der Bauarbeiten und unverändert hohe Nachfrage nach stationären und ambulanten Leistungen.

Anfang April 2002 begannen die Arbeiten an der Erneuerung der stationären Einrichtungen für die Erwachsenenpsychiatrie. Ebenfalls noch im laufenden Jahr ist der Beginn der Umbauarbeiten für die Kinder- und Jugend-psychiatrische Station vorgesehen; sie wird in bisher als Schulhaus und Kosthaus genutzte Räume im Quartier Steingrube in Solothurn einziehen und den dringlichen Bedarf nach stationären Plätzen durch ein neues Angebot für Jugendliche besser abdecken. Die im März erfolgte Eröffnung einer gerontopsychiatrischen Tagesklinik (Alterspsychiatrie) schliesst eine Lücke zwischen dem stationären Angebot und dem Aufenthalt zu Hause oder in einer Pflegeinstitution. Im Jahr 2001 wurden 69‘181 Pflegetage (Vorjahr 74 434) verzeichnet. Die Abnahme ist zum einen auf die Unterbringung von nicht spitalbedürftigen Menschen in für sie geeignetere Institutionen, zum andern auf die allgemein kürzere Aufenthaltsdauer zurückzuführen. Die durchschnittliche Patientenzahl betrug 190 (204), die durchschnittliche Bettenbelegung 86,4 (87,9) Prozent und die durchschnittliche Aufenthaltsdauer 47,2 (56,6) Tage.

Die Nachfrage von Erwachsenen nach Leistungen der Ambulatorien in Solothurn und Olten war ungebrochen; sie wurden von 991 (Vorjahr 828) Patienten in Anspruch genommen.

Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Station mit ihren elf Plätzen und zwei Tagesplätzen ist immer voll belegt, was im Blick auf die Aufnahme von Notfällen unbefriedigend ist. In den Ambulatorien in Solothurn, Grenchen und Olten wurden 935 (923) junge Patienten behandelt.

Knappe Personalressourcen
Die PDKS hatten, ohne Personen in Ausbildung und ohne Nebenbetriebe, einen durchschnittlichen Personalbestand (Anzahl Vollstellen) von 288,5 (281.7). Die Zunahme fand hauptsächlich in den Ambulatorien statt. Der ausgetrocknete Arbeitsmarkt für ausgebildetes Pflegepersonal führte zu einer vorübergehenden Schliessung von Betten in einer Akutabteilung.

Zwei Lichtblicke zur Gewinnung von Nachwuchs in der Pflege sind erwähnenswert: Es stehen nun 17 Pflegepersonen, welche ergänzend zu Lernbegleitenden ausgebildet wurden, für die tägliche Arbeit mit Schülern zur Verfügung, zudem beginnt im August 2002 eine Klasse mit 14 bis 16 Lernenden die vierjährige Ausbildung. Und schliesslich verbessert auch die Aufhebung des sogenannten Minusklassenentscheides in der Besoldungsordnung durch den Kantonsrat die Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt.

Die Leiterin des Pflegedienstes, Ruth Wälchli-Fischer, befasst sich mit dem Thema "Gewalt und Aggressionen im Berufsalltag der Erwachsenen-psychiatrie". Sie hofft, das Ergebnis einer Umfrage zum Thema "Sicherheit der Pflegenden" überzeuge die Entscheidungsträger davon, dass nicht nur verbesserte Infrastrukturen geschaffen, sondern auch genügend Personal verfügbar sein muss.

Der Chefarzt Erwachsenenpsychiatrie, Daniel Bielinski, erläutert die Bemühungen um Qualitätsverbesserung. In einem ersten Schritt wurde die Qualitätssicherung mit klar definierten Projekten gestartet; später sollen die einzelnen Projekte systematisiert und in ein umfassendes Qualitätsmodell eingebaut werden.

Konkret auf ein solches Projekt geht Ruedi Seitz ein, der als Leitender Psychologe der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJPD) die Dreiecksbeziehung zwischen Kinderpsychiatrie, Schule und Elternhaus schildert. Es stelle sich die vordringliche Aufgabe, die Verständigung zwischen den Parteien aufgrund fachlicher Kenntnisse zu fördern und – soweit das Kindeswohl nicht gefährdet sei – dem bisweilen mächtigen Sog hin zu einer Parteinahme zu widerstehen.

Finanziell schwieriges Jahr
Der finanzielle Spielraum wird auch für die Institutionen der PDKS von Jahr zu Jahr enger. Das führt dazu, dass Projekte wie Spezialisierung im Suchtbereich, Stärkung des Angebots im Raum Olten sowie die bauliche Sanierung der Aus-senstation Fridau nur in kleinen Schritten vorankommen. 2001, das letzte Jahr der zweiten Globalbudgetperiode, war finanziell äusserst schwierig. Der Aufwand lag mit 34,8 (Vorjahr 32,1) Mio. Franken um 1,5 Mio. Franken über dem Budget, anderseits konnte der budgetierte Ertrag von 20,9 (20,8) Mio. Franken erreicht werden. Die Budgetüberschreitung musste erstmals zu Lasten der Globalbudgetreserve finanziert werden.