Regierungsrat lehnt alle vier LSO-Initiativen ab
03.07.2002 - Solothurn – Der Regierungsrat lehnt alle vier vom Lehrerinnen- und Lehrerverband (LSO) im Januar dieses Jahres unter dem Titel "Lösungen von morgen" eingereichten Initiativen ab. Die Forderungen sind für den Regierungsrat zu weit gespannt und unbezahlbar.
Zwar seien die Anliegen verständlich meint der Regierungsrat, deshalb hätten auch zahlreiche Personen die Initiativen unterschrieben. Allerdings habe ihnen niemand die Tragweite und die entsprechenden Kosten aufgezeigt. Die Forderungen seien viel zu weit gespannt und deshalb schlicht nicht bezahlbar. Ausserdem verursachten die Initiativen massive Eingriffe in bereits laufende Projekte und vor allem in eine jahrzehntelang bewährte Partnerschaft Gemeinden-Kanton im Volksschulbereich.
Schulentwicklung auch ohne Initiativen
So weist der Regierungsrat bezüglich der Kindergarten-Initiative auf den neuen Ausbildungsgang an der Pädagogischen Fachhochschule hin, der eine doppelqualifizierende Ausbildung für Kindergarten und Unterstufe der Primarschule vorsieht. Er verweist aber auch auf den solothurnischen Rahmenlehrplan für den Kindergarten, der weitgehend kompatibel, sprich vernetzt ist mit dem Lehrplan für die Volksschule, und auf die Tatsache, dass die Kindergärtnerinnen in der Regel gut in die Kollegien der Primarschulen integriert sind. Ausserdem starte gegenwärtig an verschiedenen Orten in der Schweiz die Vernetzungs-Erprobung von Kindergarten und Primarschul-Unterstufe zu einer Grund- oder Basisstufe. Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) setze alles daran, in dieser wichtigen Frage zu koordinieren.
Auch und gerade für den Kanton Solothurn als Regionenkanton sei grösstmögliche Koordination im Schulbereich ein Muss. Ein solothurnischer Alleingang, bzw. ein Solothurnisches Vorprellen mache absolut keinen Sinn. Die Initiative "Der Kindergarten gehört dazu" beschneide zudem die Gemeindeautonomie, so der Regierungsrat. Auch die Initiative "Gute Schulen brauchen Führung" greife in einen laufenden Prozess ein. Der Kanton habe 1999 die freiwillige provisorische Einführung von "Geleiteten Schulen" lanciert. Im kommenden Schuljahr 2002/2003 soll eine vom Kantonsrat geforderte Überprüfung zeigen, wie die Umsetzung fortzusetzen sei. Auch diese Initiative greife in eine sinnvolle Aufgabenteilung Gemeinden-Kanton ein. Führungsstrukturen von Gemeindebetrieben seien üblicherweise Gemeindeauftrag. Warum das im Bildungsbereich anders sein solle, sei nicht einsehbar.
Bewährte Partnerschaft Gemeinden – Kanton erhalten
Auch die beiden andern Initiativen sehen eine Kantonalisierung der Schule vor. Mit der Initiative "Gerechte Chancen für alle Musikschüler/innen" möchte der LSO neben dem obligatorischen Musikunterricht, wie er in der solothurnischen Stundentafel enthalten ist, auch den zusätzlichen freiwilligen Musikschulunterricht (meist Instrumentalunterricht) unter die Obhut des Kantons stellen. Der Regierungsrat meint aber, die Gemeinden sollten ihre Musikschulen entsprechend ihren Bedürfnissen betreiben können. Die Kantonsfinanzen erlaubten keine Erweiterung des Musikunterrichts und des auf 4,5 Millionen Franken plafonierten Kantonsbeitrages an die Musikschulen.
Die vierte Initiative des LSO "Klare Anstellungsverhältnisse" will, dass die Lehrkräfte der Volksschule kantonale Angestellte werden. Der Kanton soll die Anstellungsverhältnisse regeln und die Lehrpersonenlöhne zahlen, die Anstellungskompetenz bliebe jedoch bei den Gemeinden. Nach Meinung der Regierung würden damit fundamentale Führungsgrundsätze verletzt. Er erinnert daran, dass erst 1996 mehrere Modelle für eine "Kommunalisierung" oder eine "Kantonalisierung" geprüft und schliesslich aus verschiedenen Gründen verworfen worden seien. Der LSO sei in den entsprechenden Arbeitsgruppen übrigens vertreten gewesen und kenne die Überlegungen und Resultate. Für den Regierungsrat ist es zwingend, diese Fragen im Rahmen der anstehenden Diskussion Finanzausgleich bei den Lehrerbesoldungen und Aufgabenteilung im Volksschulbereich anzugehen. Allerdings sei es ihm dabei ein grosses Anliegen, dass es dann tatsächlich zu einer Klärung der Anstellungsverhältnisse und nicht zu neuen Ungereimtheiten – wie mit der Initiative vorprogrammiert – komme.
Hohe Mehrkosten und massive Kostenumlagerungen
Bei einer Annahme aller vier Initiativen wäre zwischen Gemeinden und Kanton eine Summe von mindestens 250 Mio Franken an Löhnen und Sozialleistungen umzuverteilen. Die Gemeinden müssten ausserdem rund 150 Mio Franken an Pensionskassenfehlbeträgen finanzieren. Hinzu kämen für Gemeinden und Kanton erhebliche Mehrkosten von rund 30 bis 40 Mio Franken für zusätzliche Personal- und Systemaufwendungen. Das sei angesichts der finanziellen Situation nicht verkraftbar. Der Regierungsrat lehnt die vier Initiativen "Lösungen von morgen" deshalb auch aus Kostengründen ab. Im Bildungsbereich seien Projekte mit inhaltlichen Anliegen, wie Englisch auf der Oberstufe, Informations- und Kommunikationstechnologien oder die neue Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen an der Pädagogischen Fachhochschule vordringlicher.