Regierung meint es ernst mit dem Schuldenabbau

06.11.2002 - Solothurn - Der Regierungsrat schickt zwei Vorlagen in die Vernehmlassung, welche eine nachhaltige Sanierung der Kantonsfinanzen bezwecken. Mit der einen Vorlage soll mit der Einführung einer Defizit- und Steuererhöhungsbremse sowie von Dringlichkeitsrecht der Aufbau zukünftiger Bilanzfehlbeträge verhindert werden. Die andere Vorlage sieht den Abbau des bestehenden Bilanzfehlbetrags über die Zeitdauer von maximal 25 Jahren vor. Notfalls soll der Kantonsrat zur Erreichung des Ziels des vollständigen Abbaus des Bilanzfehlbetrags eine zweckgebundene Sondersteuer von maximal fünf Prozent der Staatssteuer erheben können. Die Vernehmlassung dauert bis Ende Januar 2003.

Mit der Vorlage "Defizit- und Steuererhöhungsbremse" soll verfassungsrechtlich sichergestellt werden, dass Bilanzfehlbetrag und Verschuldung nicht weiter anwachsen und damit der notwendige Handlungsspielraum des Kantons für die Aufgabenerfüllung erhalten bleibt bzw. nicht weiter eingeschränkt wird. Als neue Instrumente sollen dazu die sogenannte Defizit- und Steuererhöhungsbremse eingeführt werden. Beide Instrumente nehmen die Behörden stärker als bisher in die Pflicht. Weiter soll auch das bereits im Frühjahr 2000 in einer Motion der FdP/JL-Fraktion geforderte Dringlichkeitsrecht eingeführt werden.

Defizit-, Steuererhöhungsbremse und Dringlichkeitsrecht
Grundsätzlich soll nach Inkrafttreten der neuen Verfassungsbestimmungen kein Voranschlag mit einem Aufwandüberschuss mehr vom Kantonsrat verabschiedet werden dürfen. Das provisorische Budget ist solange zu bereinigen, bis der Ausgleich erreicht wird. Der Ausgleich der Laufenden Rechnung soll in der Regel durch Ausgabenkürzungen erreicht werden. Sollte dies nur durch Gesetzes- oder Verordnungsänderungen oder neue Rechtsgrundlagen möglich sein, so sieht die Vorlage vor, dass der Kantonsrat neu Gesetze und Verordnungen oder Änderungen von Erlassen sofort in Kraft setzen kann (sog. Dringlichkeitsrecht). Solche Erlasse sind zu befristen und sie unterstehen der nachträglichen obligatorischen oder fakultativen Volksabstimmung, wenn sie mehr als ein Jahr gelten sollen.

Führen alle Sparanstregungen nicht zum Ziel einer ausgeglichenen Laufenden Rechnung, bleibt die Möglichkeit der Steuererhöhung. Um der Absicht zur ausgabenorientierten Sanierung Nachdruck zu verleihen, kann aber eine Steuererhöhung nur unter erschwerten Bedingungen (Steuererhöhungsbremse) durchgesetzt werden. Die Steuererhöhungsbremse verlangt, dass jede Erhöhung des Steuerfusses über die ganze Staatssteuer hinaus, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Kantonsrates (bei 144 Kantonsräten: 73 Stimmen) bedarf.

Schliesst bei ausgeglichenem Voranschlag die Rechnung dann doch defizitär ab, so ist dieses Defizit grundsätzlich dem Voranschlag des übernächsten Jahres zu belasten und der übernächste Voranschlag muss dann inkl. dieser Belastung aus Vorjahren ausgeglichen sein.

Eine Sonderbestimmung erlaubt dem Kantonsrat ausnahmsweise, insbesondere wenn die konjunkturelle Situation es erfordert, einen Voranschlag mit Defizit zu verabschieden. Die Verabschiedung eines Budgets mit Aufwandüberschuss bedarf allerdings der Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Kantonsrates. Ein budgetiertes Defizit ist innerhalb von vier Jahren abzutragen.

Eine weitere Ausnahmebestimmung sieht vor, dass bei ausgeglichenem Budget und defizitärem Rechnungsabschluss die Abtragung des Rechnungsdefizits auf ebenfalls vier Jahre erstreckt werden kann. Zur Geltendmachung dieser Ausnahmeregelung ist ebenfalls die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Kantonsrates erforderlich.

Sanierung der "Altlasten" innerhalb von 25 Jahren
Die Vorlage "Defizit- und Steuererhöhungsbremse" ist zukunftsgerichtet, die Vorlage "Abbau Bilanzfehlbetrag" hingegen beschäftigt sich mit der Sanierung des zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Verfassungsbestimmung bereits bestehenden Bilanzfehlbetrags.

Seit 1993 ist der Bilanzfehlbetrag stetig angewachsen. Per Ende 2001 beträgt er 660 Mio. Franken. Die heute in der Finanzhaushaltverordnung verankerte Bestimmung, wonach der Bilanzfehlbetrag innerhalb von 5 Jahren abzutragen sei, hat sich als unrealistisch erwiesen. Zur Erfüllung dieser Vorgabe wären bei der heutigen Höhe des Bilanzfehlbetrags Ertragsüberschüsse in der Grössenordnung von rund 130 Mio. Franken (entspricht rund 25% der ganzen Staatssteuer) notwendig.

Die heute in der Finanzhaushaltsverordnung verankerte Vorgabe zum Abbau des Bilanzfehlbetrags wird in der Vernehmlassungsvorlage nun durch eine realistischere ersetzt: Der bestehende Bilanzfehlbetrag soll innerhalb von 25 Jahren abgetragen werden. Dies bedeutet, dass jährlich mindestens 4% des zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung der neuen Bestimmungen bestehenden Bilanzfehlbetrags den Voranschlägen belastet werden sollen. Wäre die vorgesehene Verfassungsänderung per 1.1.2002 in Kraft gesetzt worden, würde dies bedeuten, dass für die Abschreibung des per Ende 2001 bestehenden Bilanzfehlbetrags von rund 660 Mio. Franken ab 2003 mindestens 26,4 Mio. Franken in die Voranschläge aufgenommen werden müssten. Dieser Betrag entspricht rund 4,9% der im Voranschlag 2002 budgetierten Staatssteuer.

Die Aufnahme der Jahrestranche zur Abschreibung des Bilanzfehlbetrags in den Voranschlag darf dabei nicht zu erneuten Aufwandüberschüssen führen. Für den Fall, dass ein Aufwandüberschuss entstehen würde, sieht die Vernehmlassungsvorlage zu dessen Beseitigung die Einführung einer zweckgebundenen, befristeten Sondersteuer von maximal fünf Prozent der ganzen Staatsteuer vor.

Mit den beiden Vernehmlassungsvorlagen werden auf Verfassungssstufe verbindliche Regelungen zur Herstellung des Finanzhaushaltsgewichts geschaffen. Die Vernehmlassungsfrist dauert bis Ende Januar 2003.