KANTONSRAT: Kontroverse Debatten um die Steuerpolitik

12.08.2005 - Solothurn – Die Finanzkommission (Fiko) des Kantonsrates hat an ihrer Augustsitzung zahlreiche Vorlagen und Aufträge vornehmlich zur Steuerpolitik beraten. Sie stimmte zwei Standesinitiativen zum Steuersystem zu. Der Auftrag, welcher die Einführung des neuen Lohnausweises verhindern will, wurde knapp abgelehnt. Zustimmung fanden auch die Steuerungsgrössen im direkten Finanzausgleich der Einwohnergemeinden für das Jahr 2006.

Neuer Lohnausweis: Mehr Aufwand für die Unternehmen oder mehr Steuergerechtigkeit?
Kontrovers verlief in der Finanzkommission unter dem Präsidium von Edith Hänggi (CVP, Meltingen) die Diskussion den über neuen Lohnausweis, der landesweit für das Steuerjahr 2007 eingeführt werden soll. Ein überparteilicher Auftrag verlangt nun, dass der neue Lohnausweis im Kanton Solothurn nicht eingeführt werden soll. Zudem soll der Regierungsrat das Steueramt verpflichten, die geltende liberale Verwaltungspraxis in Sachen Gehaltsnebenleistungen weiterzuführen. Seitens der Gegner des neuen Lohnausweises wird vor allem der administrative Mehraufwand für kleinere und mittlere Unternehmen ins Feld geführt. Sie bezweifeln auch, dass das Ziel von mehr Steuergerechtigkeit erreicht werden könne. Es ergäben sich jedoch Nachteile für den Kanton Solothurn als Wirtschaftsstandort. Auch sei der neue Lohnausweis in der Praxis bei den KMU noch nicht getestet worden. Für die Befürworter des neuen Lohnausweises steht die Steuergerechtigkeit im Vordergrund. Es könne nicht angehen, dass insbesondere Kaderleute Lohnnebenleistungen - sogenannte "fringe benefits" - nicht versteuern müssen, weil sie auf dem Lohnausweis nicht deklariert werden. Es sei anzunehmen, dass mit der heutigen Praxis ein beachtliches Potenzial an Einkünften unversteuert bleibe. Zudem wäre es für die Unternehmen im Kanton keine Entlastung, wenn sie inskünftig zwei Lohnausweise erstellen müssten, einen für die direkte Bundessteuer und einen für die Staatssteuer. Finanzdirektor Christian Wanner wehrte sich vehement dagegen, dass er verpflichtet werden sollte, dem Steueramt gesetzeswidrige Anordnungen zu erteilen. Dem Antrag des Regierungsrates, den Auftrag abzulehnen, wurde nur mit Stichentscheid der Präsidentin zugestimmt. Fünf Mitglieder hatten sich dafür und fünf dagegen ausgesprochen, bei zwei Enthaltungen.

Ja zu zwei Standesinitiativen zur Steuergesetzgebung
Obwohl sich die beiden Standesinitiativen mit ihren Forderungen an sich widersprechen, fanden sie in der Finanzkommission eine Mehrheit. Mit der Standesinitiative für eine begrenzte Steuerbefreiung für nebenberufliche Tätigkeiten im öffentlichen Interesse - zum Beispiel Betreuung von Kranken, Behinderten und Kindern sowie Tätigkeiten in öffentlichen Nebenämtern - soll in der heutigen Steuergesetzgebung ein entsprechendes Zeichen gesetzt werden. Die andere Standesinitiative fordert mit der Einheitssteuer (der sogenannten Flat tax) ein ganz neues, einfaches Steuersystem. Diese Initiative soll den Bund bewegen, das heutige, zu komplexe Steuersystem, das an seine Grenzen stösst, zu hinterfragen. Diese Initiative kann erst langfristig Wirkung zeigen. Einige Mitglieder erachten allerdings die Flat tax als für die Schweiz nicht taugliches Steuersystem. Die Finanzkommission ist sich bewusst, dass die Realisierungschancen für beide Standesinitiativen gering sind.

Finanzausgleich: Soll sich der Kanton ganz oder teilweise aus der Finanzierung zurückziehen?
Die Vorlage über die Steuerungsgrössen im direkten Finanzausgleich der Einwohnergemeinden für das Jahr 2006 weitete sich zu einer Diskussion über die Grundsätze des heutigen Systems aus. Nachdem sich die Finanzkennzahlen der Gemeinden laufend verbessern, stellt sich für einen Teil der Kommission die Frage, ob sich der Kanton immer noch mit rund 7 Mio Franken am Finanzausgleich beteiligen oder sich ganz oder teilweise aus dessen Finanzierung zurückziehen soll. Auch wurde die Gewichtung von Steuerbedarf und Steuerkraft in Frage gestellt. An sich, wurde argumentiert, sei der Finanzausgleich eine Sache, welche der Einwohnergemeinden unter sich regeln sollten. Andere Kommissionsmitglieder vertraten hingegen die Auffassung, dass die Differenz der Steuersätze zwischen den finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden immer noch zu gross sei, auch wenn sich diese seit 2003 von 100 auf 87 Punkte verringert habe. Die Kommission beschloss, sich an einer späteren Sitzung einmal eingehender mit dem Finanzausgleich der Einwohnergemeinden zu befassen. Den Steuerungsgrössen für das Jahr 2006 wurde allerdings einhellig zugestimmt.