Kein Sicherheitszentrum für renitente Asylbewerber
23.02.2005 - Solothurn – Der Regierungsrat hat beschlossen, auf die Schaffung eines Sicherheitszentrums für verhaltensauffällige und unkooperative Asylsuchende zu verzichten. Auch die Idee, sich an einem Sicherheitszentrum eines andern Kantons zu beteiligen, soll nicht weiterverfolgt werden. Es wird geprüft, ob sich anstelle eines Sicherheitszentrums, ein Minimalzentrum für verhaltensauffällige und unkooperative Asylsuchende innerhalb der bestehenden Strukturen realisieren lässt. Die bisherige Praxis flankierender Massnahmen wird weitergeführt.
Mit einer Motion wurde der Regierungsrat im Herbst 2003 ersucht, eine kantonsrätliche Vorlage zur Realisierung eines Sicherheitszentrums für "renitente Asylbewerber" auszuarbeiten, welches entweder vom Kanton Solothurn alleine oder zusammen mit anderen Kantonen erstellt und betrieben werden sollte. Zur Klärung der Frage eines Sicherheitszentrums setzte der Regierungsrat eine Arbeitsgruppe ein, die auch aus Mitgliedern aller im Kantonsrat vertretenen Parteien bestand.
Die Arbeitsgruppe hielt in ihrem Bericht fest, dass sich seit der Einreichung der Motion die Situation im Asylbereich signifikant verändert hat. Aufgrund des starken Rückgangs an Asylgesuchen und des Ausschlusses von Personen mit Nichteintretensentscheiden (NEE) musste die Anzahl betriebener Zentrenplätze massiv reduziert werden, und die Zahl der im Kanton Solothurn anwesenden Asylsuchenden ist ebenfalls kontinuierlich sinkend. Zusätzlich deuten weitere geplante Verschärfungen im Asylbereich auf längerfristig sinkende Zahlen hin.
Auch zeigte sich, dass Renitenz ein juristisch unbestimmter Rechtsbegriff ist, was bezüglich Zuweisung zu erheblichen Problemen führen könnte. Die Zuweisung in ein Sicherheitszentrum kann nicht Ersatz für strafrechtlich zu ahndende Tatbestände oder für den Vollzug der fürsorgerischen Freiheitsentziehung sein. Die Realisierung eines Sicherheitszentrums, wie mit der Motion gefordert, würde folglich formell gesetzliche Grundlagen erfordern, wobei offen ist, wie weit kantonale Regelungen in diesem Bereich vor übergeordnetem Recht überhaupt standhalten würden. Zudem wird die Wirksamkeit der Massnahme in Frage gestellt.
Eine Zusammenarbeit mit anderen Kantonen zur Betreibung eines Sicherheitszentrums erweist sich aufgrund der Umfrage als nicht realistisch, da andere Kantone wegen rechtlicher Bedenken und den finanziellen Folgekosten gar kein Sicherheitszentrum im geforderten Sinne haben, ihre eigenen Bemühungen eingestellt haben oder schlicht kein Interesse an einer Zusammenarbeit signalisierten.
Die eigenen Abklärungen ergaben, dass neben den bestätigten rechtlichen Bedenken auch Aufwand und Ertrag, beziehungsweise Nutzen eines speziellen Sicherheitszentrums, in keinem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Vorsichtig geschätzt wäre bei einer minimalen Betriebsgrösse von 25 Plätzen mit rund 1.5 Mio. Franken jährlich zu rechnen; daran könnten heute Bundesbeiträge nur im Umfang von rund einem Drittel erwartet werden. Nicht eingerechnet in diesem Betrag sind die einmaligen Investitionskosten für bauliche Anpassungen und Sicherheitsvorkehrungen.
Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde die politisch brisante Standortfrage nicht geklärt. Unter den gegebenen Voraussetzungen ist die Arbeitsgruppe einhellig zum Schluss gekommen, dass auf ein solches Sicherheitszentrum zu verzichten sei. Als Alternativlösung zu einem Sicherheitszentrum sei jedoch zu prüfen, ob nicht die Unterbringung von verhaltensauffälligen und unkooperativen Asylsuchenden in einem "Zentrum mit Minimalstrukturen" die klar bessere Option darstelle.
Zudem sei verstärkt auf die in letzter Zeit ausgebauten oder neu geschaffenen flankierenden Massnahmen (einerseits repressiv und sanktionierend Ein- und Ausgrenzungen Wohngruppen,, Hausverbote, Verzeigungen, Kürzungen und Streichungen von Sozialhilfeleistungen, andererseits beratend und betreuend Ausbau der Gemeindeberatung, Asylhandbuch, Wohngruppen) zu setzen. Die Motion zur Schaffung eines Sicherheitszentrums für renitente Asylsuchende soll daher im Rahmen des Berichtes über den Stand der parlamentarischen Vorstösse von der Geschäftskontrolle des Kantonsrates als erledigt abgeschrieben werden.