Sonderpädagogik: Sichern, entwickeln, steuern
23.06.2005 - Solothurn – Mit einem neuen Heilpädagogischen Konzept will der Regierungsrat den heil- und sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf für Kinder sichern. Er reagiert damit auch auf die Neue Finanzausgleichsordnung (NFA) des Bundes. Ziel des Konzeptes ist es u.a. integrative Schulung von behinderten Kindern zu fördern und neue Steuermechanismen für die verschiedensten Bereiche der Sonderpädagogik einzuführen. Bildungsdirektorin Ruth Gisi hat das neuen Konzept heute der Oeffentlichkeit vorgestellt und in eine breite Vernehmlassung geschickt.
Mit dem "Heilpädagogischen Konzept 2005" legt der Regierungsrat erstmals ein umfassendes Konzept für den ganzen Sonderschulungsbereich vor. Dieses bietet den Verantwortlichen in Politik, Verwaltung und Trägerschaften einen konkreten Planungsrahmen, wie die Heilpädagogischen Angebote im Kanton Solothurn für die Zukunft zu sichern, zu entwickeln und zu steuern sind. Das Konzept wird in eine breite Vernehmlassung geschickt. Eingabetermin ist der 31. Oktober 2005.
Stark veränderte Bedingungen
Das letzte kantonale Heilpädagogische Konzept wurde 1995 veröffentlicht. Seither haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend verändert. Den gewichtigsten Wechsel bringt die Neue Finanzausgleichsordnung des Bundes (NFA) mit, nach welcher sich die Invalidenversicherung (IV) aus dem Sonderschulungsbereich zurückzieht und den Kantonen die Organisation und Finanzierung übertragen wird.
Aber auch die veränderten Ausbildungsgänge in der Heilpädagogik mit dem Aufkommen neuer therapeutischer Berufe sowie das starke Anwachsen der Anzahl Kinder mit heilpädagogischem Unterstützungsbedarf zwingen zum Handeln. Ausserdem verursachen veränderte Aufgabenteilungen zwischen Bund, Kanton und Gemeinden und die neue Verwaltungs- und Strukturreform mit der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WOV) neue Kompetenz Zuordnungen.
Sichern und entwickeln
Durch den beschlossenen Rückzug der IV aus der Sonderschulung haben die Kantone ab 2008 grundlegend neue Aufgaben zu übernehmen. Das kantonale Volksschulgesetz aus dem Jahre 1969 ist deshalb zu ergänzen und die Kantonsverfassung in einem Artikel anzupassen. Die IV hat sich bis anhin mit rund 40 Mio Franken an den Kosten der Sonderschulung beteiligt. Ab 2008 fällt diese Beteiligung weg. Zur Sicherung der Sonderschulung ist es deshalb unumgänglich, die finanziellen Konsequenzen aufzuzeigen.
Das Heilpädagogische Konzept richtet sich nach der Tatsache, dass neu der Kanton die entsprechenden Leistungen zu übernehmen hat, zumal er in verschiedenen Bereichen durch die Neue Finanzausgleichsordnung auch entlastet wird. Es legt die inhaltlichen Entwicklungslinien und den Zeitplan für notwendige Veränderungen im Sonderschulungsbereich fest. Mit vielen konkreten Einzelmassnahmen werden diese Entwicklungsschritte durch das Konzept koordiniert eingeleitet. Notwendige Vorbereitungsmassnahmen können bereits kurzfristig angegangen werden. Alle Beteiligten (öffentliche Schulen, private Schulheime und Institutionen, Fachleute, Gemeinden) erhalten so einen Orientierungsrahmen für anstehende Entscheidungen.
Früherkennung, Integration und neue Steuerungsmechanismen
In fachlicher Hinsicht stellt die unterstützte Integration von behinderten Kindern in die Regelschule die Hauptveränderung dar. Sowohl auf Ebene der Regelschule als auch auf Ebene der Sonderschulen sind pädagogische, organisatorische und finanzielle Anpassungen notwendig.
Angegliedert an das Sonderschulinspektorat soll deshalb für Fragen der schulischen Integration von behinderten Kindern neu eine entsprechend unterstützende und koordinierende Fachstelle geschaffen werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt darin, zukünftig bei schwer sprachbehinderten Kindern bereits im Vorschulbereich logopädisch zu intervenieren um so weitere Fehlentwicklungen zu verhindern.
Weitere notwendige Anpassungen sollen rasch vorbereitet und vorgenommen werden. Bis ins Jahr 2010 soll u.a. geprüft werden, ob die fünf heilpädagogischen Sonderschulen kantonalisiert und unter Eingliederung der heilpädagogischen Früherziehungsdienste zu heilpädagogischen Kompetenzzentren umgebaut werden können.
Im Bereich der privaten Sonderschulheime wird analysiert, welche Angebote konzentriert werden können und ob deren geografische Verteilung geändert werden muss.
Wachstum eindämmen
In den letzten Jahren beanspruchten immer mehr Kinder heilpädagogische Unterstützung. Als Folge davon sind die Kosten für Invalidenversicherung, Gemeinden und Kanton massiv angewachsen. Für die Massnahmen der Sonderschulung werden im Solothurnischen von Bund, Kanton und Gemeinden heute jährlich rund 85 Mio Franken aufgewendet. Der Kanton war gesetzlich bis anhin verpflichtet, die anfallenden Defizite zu übernehmen.
Der Rückzug der IV führt nun in diesem Bereich nochmals zu einer massiven, direkten Mehrbelastung das Kantons (er wird durch die NFA aber in anderen Bereichen entlastet). Parallel mit dieser vergrösserten Finanzverantwortung ergeben sich aber ab 2008 erstmals auch bessere Möglichkeiten, den Einsatz der Mittel zielgerichteter zu planen, zu steuern und transparenter darzulegen.
Das Heilpädagogische Konzept zeigt deshalb auf, welche Steuerungs- und Finanzierungsinstrumente dazu kurz-, mittel- und längerfristig zu erarbeiten und einzuführen sind und wie das Wachstum im Bereich der Sonderschulung zu begrenzen ist.