Staatsrechnung 2004: Nettoverschuldung sinkt unter 1 Mia. Franken

30.03.2005 - Solothurn, 31. März 2005 – Nachdem der Kanton Solothurn 2003 erstmals seit 13 Jahren schwarze Zahlen schrieb, ist dies auch 2004 wieder der Fall: Die Staatsrechnung 2004 schliesst mit einem Ertragsüberschuss in der Erfolgsrechnung von 91,6 Mio. Franken ab. Die Nettoinvestitionen von 81,2 Mio. Franken können vollständig aus eigenen Mitteln finanziert werden. Der Selbstfinanzierungsgrad beträgt 159%. Der effektive Finanzierungsüberschuss beläuft sich auf 42,8 Mio. Franken. Die Nettoverschuldung sinkt damit erstmals seit 1997 unter die 1 Mia. Franken-Grenze.

Das ausgezeichnete Gesamtresultat setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Dem betrieblichen oder operativen Ergebnis, welches vergleichbar ist mit dem Voranschlag 2004, sowie dem Ergebnis aus der ausserordentlichen Bilanzbereinigung.

1. Operatives Ergebnis deutlich besser als das Budget

Bei einem budgetierten operativen Aufwandüberschuss von 7,8 Mio. Franken und einem positiven Ergebnis von 47,6 Mio. Franken ergibt sich gegenüber dem Budget eine Verbesserung von 55,4 Mio. Franken in der Erfolgsrechnung. Das gegenüber dem Budget bessere Ergebnis ist in erster Linie auf folgende Faktoren zurückzuführen:

Insgesamt ist der Eingang an Staatssteuern um 29,6 Mio. Franken höher ausgefallen als budgetiert. Die Mehreinnahmen sind vollumfänglich auf den höheren Steuerertrag der natürlichen Personen zurückzuführen (+ 30,7 Mio. Franken). Folgende Faktoren führten zu diesen Mehreinnahmen:
a) Das Steuersubstrat hat stärker zugenommen als bei der Budgetierung
    angenommen wurde (+ 7 Mio. Franken Steuerertrag).
b) Die Zahl der steuerpflichtigen natürlichen Personen (bzw. die Zahl der
    Steuererklärungen) ist seit 2002 um 2'600 auf 148'870 angestiegen (+ 8
    Mio. Franken Steuerertrag).
c) Noch einmal, wohl das letzte Mal, wirkt sich der Wechsel zur
    Gegenwartsbemessung aus. Die Vorbezüge 2003 beruhten zum Teil noch
    auf den Veranlagungen 2000. Effekt: + 8 Mio. Franken Steuerertrag.
d) Kapitalleistungen und Renten aus der beruflichen Vorsorge, die seit 2002
    ausbezahlt werden, werden voll besteuert, vorher in der Regel zu 80
    Prozent (+ 5 Mio. Franken Steuerertrag).
e) Ende 2004 waren 2 Prozent mehr natürliche Personen veranlagt als im
    Vorjahr (+ 1,5 Mio. Franken Steuerertrag).

Im Bereich der Steuern mussten aufgrund der sich verschlechterten Zahlungsmoral mehr Gebühren, Bussen und Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden. Daraus resultierten gegenüber dem Budget Mehreinnahmen von rund 6,1 Mio. Franken. Weiter waren bei den nur schwer budgetierbaren Handänderungs- und Erbschaftssteuern Mehrerträge von 4,7 Mio. Franken zu verzeichnen.

Massgeblich im Vergleich zum Budget guten Ergebnis beigetragen haben erneut die Dienststellen, welche nach den Grundsätzen der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WoV) geführt werden: Die Dienststellen (inkl. Spitäler), welche eine Aufwandüberschussvorgabe vom Kantonsrat erhalten hatten, schlossen um 15,3 Mio. Franken besser ab; diejenigen, welche eine Ertragsüberschussvorgabe erhalten haben, um 2,0 Mio. Franken. Insgesamt erwirtschafteten die 36 WoV-Dienststellen gegenüber dem Budget eine Verbesserung von 17,3 Mio. Franken.

Im Bereich des Bildung mussten folgende Kredite nicht voll ausgeschöpft werden: ausserkantonale Schul- und Studiengebühren (- 4,6 Mio. Fr.), Defizit- und Betriebsbeiträge an Sonderschulen und Sonderschulheime (- 3,1 Mio. Fr.) und Lehrerbesoldungssubventionen (- 2,6 Mio. Fr.)

Erwähnenswert ist ferner der ausserordentliche Ertrag aus dem aussergerichtlichen Vergleich mit den Revisionsgesellschaften der ehemaligen Solothurner Kantonalbank, welcher zu Mehreinnahmen von 3,7 Mio. Franken führte (Restzahlungen der Revisionsgesellschaften, Rückzahlung von hinterlegten Geldern für die durch den Vergleich hinfällig gewordene Appellation gegen das erstinstanzliche Urteil).

Mehrbelastungen ausserhalb des Einflussbereiches des Kantons
Neben diesen Entlastungen gegenüber dem Budget mussten in verschiedenen Bereichen Ertragsausfälle hingenommen bzw. Mehrausgaben getätigt werden. Diese Verschlechterungen sind weitgehend auf Faktoren zurückzuführen, welche vom Kanton gar nicht oder zumindest nicht kurzfristig beeinflusst werden können. Es handelt sich im Wesentlichen um die folgenden Positionen:

Bei den Bundesanteilen ist gegenüber dem Budget ein Minderertrag von 2,4 Mio. Franken zu verzeichnen.

Erneut gestiegen sind die Beiträge für Ergänzungsleistungen AHV/IV. In diesem Bereich wird das Budget um netto 11,6 Mio. Franken überschritten.
 
Weiter konnten für verschiedene zum Verkauf vorgesehene Liegenschaften keine Käufer gefunden werden. Gegenüber dem budgetierten Posten ergibt sich ein Minderertrag von 5 Mio. Franken.

Aufgrund der guten Ergebnisse der WoV-Dienststellen mussten nicht budgetierte Reserven in der Höhe von 4 Mio. Franken gebildet werden.

Nettoinvestitionen leicht unter dem Budget

In der Investitionsrechnung liegen die Bruttoausgaben mit 133,2 Mio. Fr. um 20,5 Mio. Franken und die Einnahmen mit 52,0 Mio. um 19,6 Mio. Fr. unter dem Budget. Die Nettoinvestitionen betragen damit 81,2 Mio. Franken. Budgetiert waren 82,1 Mio. Franken. Von den 81,2 Mio. Franken Nettoinvestitionen entfallen 10,6 Mio. Franken auf Bildungs- und allgemeine Bauten und 28,6 Mio. Franken auf die Verbesserung der Spitalinfrastruktur. In den Bereich Kantonsstrassenbau flossen netto 28,3 Mio. Franken, in den Nationalstrassenbau und in Zufahrtsstrassen 3,8 Mio. Franken.

Operativer Finanzierungsüberschuss

Das sehr gute Ergebnis der Erfolgsrechnung führt zusammen mit der Ausgabendisziplin bei den Investitionen zu einem operativen Finanzierungsüberschuss von 48,1 Mio. Franken. Mit anderen Worten: Die Nettoinvestitionen konnten vollständig aus den Mittelzuflüssen während des Rechnungsjahres gedeckt werden. Der Selbstfinanzierungsgrad beträgt 159%. Ein ähnlich hoher Selbstfinanzierungsgrad wurde mit 166% letztmals im Jahr 1987 erreicht. Damals waren aber die Nettoinvestitionen bedeutend geringer: Sie betrugen lediglich 52,6 Mio. Franken.

2. Ergebnis aus Bilanzbereinigung

Die Gesetzgebung zur wirkungsorientierten Verwaltungsführung, welche per 1. Januar 2005 in Kraft trat, sieht in Bezug auf die Rechnungslegung vor, die Aktiven und Passiven nach dem Prinzip der getreuen Darstellung ("true an fair view") zu bewerten. Aus diesem Anlass hat der Regierungsrat eine umfassende Überprüfung der Bilanzposten des Finanzvermögens (insbesondere der Liegenschaften), der Beteiligungen sowie übriger Positionen in Auftrag gegeben. Eine Neubewertung der Liegenschaften wurde letztmals im Jahre 1982 vorgenommen. Die Bilanzbereinigung führte zu einem ausserordentlichen Ertrag in der Höhe von 44 Mio. Franken. Die Aufwertung ist hauptsächlich auf die Neubewertung der Beteiligungen und der Liegenschaften zurückzuführen.

Die Bildung von zeitlichen Abgrenzungen für geleistete Überstunden, nicht bezogene Ferien sowie für AHV-Ersatzrenten überstieg die Aufwertungen des Finanzvermögens um 5,3 Mio. Franken, sodass die Nettoverschuldung aufgrund der Bilanzbereinigung um denselben Betrag anstieg.

Gesamtergebnis: operatives Ergebnis und Ergebnis aus Bilanzbereinigung

Insgesamt weist die Erfolgsrechnung im Jahr 2004 einen Ertragsüberschuss von 91,6 Mio. Franken aus. Der Bilanzfehlbetrag sinkt damit von 634,6 Mio. Franken per Ende 2003 auf 543 Mio. Franken per Ende 2004. Das effektive Finanzierungsergebnis beträgt 42,8 Mio. Franken und die Nettoschuld fällt damit von 1'038,8 Mio. Franken auf 996 Mio. Franken oder 3'980 Fr. pro Einwohner/-in.

Trotz ausgezeichnetem Abschluss ist Vorsicht geboten!

Die wesentlich über dem Budget liegenden Steuererträge in der Rechnung 2004 sind teilweise ausserordentlicher Natur: Der Übergang zur Gegenwartsbesteuerung bei den natürlichen Personen wirkte sich im Jahr 2004, wohl zum letzten Mal, positiv auf der Ertragsseite aus. Weiter wird die kantonale Steuergesetzrevision, welche bereits 2004 gegenüber 2003 zu Mindereinnahmen führte, ab 2005 weitere Steuerausfälle nach sich ziehen. Mit den bekannten Kostentreibern (Gesundheitswesen, Soziale Sicherheit) wird der Kanton Solothurn aber weiterhin konfrontiert sein.

Trotz gutem Rechnungsabschluss beläuft sich der Bilanzfehlbetrag immer noch auf über 543 Mio. Franken und die Nettoverschuldung liegt nur knapp unter der 1 Mia. Fr.-Grenze. Bezüglich der konjunkturellen Entwicklung herrscht grosse Unsicherheit. Sollte sich die Konjunktur nicht erholen, so wie dies zurzeit vorsichtig prognostiziert wird, drohen dem Kanton Solothurn weitere Steuerausfälle im Umfang von mehreren Mio. Franken.

Rechnung 2004: Ein Schritt mehr in die richtige Richtung

Der aktuelle Stand des Finanzplans zeigt schon für das Jahr 2006 wieder rote Zahlen. Ohne Gegensteuer muss in den Rechnungen der Jahre 2006 bis 2008 mit hohen Defiziten in der Grössenordnung von 50 Mio. Franken oder mehr Millionen Franken gerechnet werden. Da Steuererhöhungen kein Thema sind, sondern im Gegenteil bereits beschlossene Steuerentlastungen in den nächsten Jahren zum Tragen kommen, muss der Finanzhaushalt weiterhin schwergewichtig ausgabenseitig saniert und die allgemein gute Kostendisziplin in der kantonalen Verwaltung aufrecht erhalten werden.

Finanzierungskennzahlen und Entwicklung der kant. Finanzlage 1999-2004 als pdf-Datei (46,0 kB)