Europäischer Tag des Denkmals - "Gartenräume - Gartenträume"
30.08.2006 - Solothurn - Das diesjährige Thema des europäischen Tag des Denkmals am 9. und 10. September 2006 lautet "Gartenräume-Gartenträume". Das wertvolle Kulturgut Garten ist geprägt durch jahreszeitlichen Wandel, rasche Vergänglichkeit und starke Verletzlichkeit. Der Denkmaltag möchte einen Beitrag zur Sensiblisierung der breiten Öffentlichkeit für die Pflege, die Weiterentwicklung und den Schutz des Kulturgutes Garten leisten. Im Kanton Solothurn öffnen aus diesem Anlass kostbar ausgestattete Gärten ihre Tore. Die Gartenanlagen Schloss Waldegg in Feldbrunnen, Schloss Steinbrugg und Bischöfliches Palais in Solothurn sowie der Bally-Park in Schönenwerd können unter fachkundiger Führung besichtigt werden. Eine Führung der Kantonsarchäologie zur Eröffnung der Ausstellung "Zwischen Badhaus und Miststock" im Museum Blumenstein in Solothurn stellt zudem Funde und Ergebnisse der archäologischen Grabungen im Garten des Palais Besenval in Solothurn vor.
Gärten sind immer auch Zeugen ihrer Zeit: Die Faszination für Blütenpracht, Farbenspiel, Wuchs- u. Blattformen fand in unterschiedlichen Epochen immer wieder neue Formen der Gestaltung. Vor den Toren Solothurns errichteten Solothurner Patrizier vor allem im 17. Jahrhundert kostbar ausgestattete und mit prächtigen Gärten versehene Landsitze. Aus dieser Zeit des Barock sind heute noch einige wertvolle historische Gartenanlagen erhalten, die zum Teil auch Umgestaltungen des 19. Jahrhunderts zeigen und damit den damals weitverbreiteten Vorgang bezeugen, bestehende Barockgärten in den zeitgemässeren Stil des Landschaftsgarten umzuwandeln.
Garten Schloss Waldegg
1682 bis 1685 liessen Schultheiss Johann Viktor I. und Margaritha Besenval-von Sury an malerischer Lage ausserhalb der Stadt Solothurn einen repräsentativen Landsitz mit ebensolcher Gartenanlage errichten. Die Queranlage mit schweizweit eine der längsten Schlossfassaden besteht aus einem Hauptbau mit drei Türmen, an den sich beidseits Galerien mit zwei weiteren Türmen fügen. Schloss Waldegg folgt in seiner Gestaltung von Architektur und Gartenlandschaft bewusst barocken Gestaltungsprinzipien, wobei die Gartenanlage ebenso italienisch geprägten Ideen wie französischem Formengut verpflichtet ist. Das im 19. Jahrhundert veränderte südliche Gartenparterre konnte aufgrund ausgezeichneter gartenarchäologischer Befunde Ende der 1980er Jahre umfassend rekonstruiert werden und vermag uns demnach heute ein authentisches Bild des hochbarocken Gartens zu vermitteln. Ein grosser Nutz- und Ziergarten im Westen sowie südlich davon die Promenade mit Point de vue und die kürzlich restaurierte Orangerie mit Orangerieparterre gehören ebenso zur barocken Gartenanlage.
Garten Bischöfliches Palais
Das 1676 erbaute Bischöfliche Palais verbindet in architekturtypologischer Hinsicht den heimischen Typus des Türmlihauses mit dem aus Frankreich importierten Muster einer so genannten "Maison entre cour et jardin". Die barocke Konzeption mit einem repräsentativen Ehrenhof direkt vor dem Wohnhaus und einem grosszügigen Garten nördlich des Hauses prägt noch immer die Gesamtanlage. Die landschaftsgartentypische Binnenstruktur des Gartens mit den geschwungenen Wegen stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ist, wenn auch unvollständig und in veränderter Form, noch erhalten. Zusätzliche Bedeutung erlangt der Garten durch den Umstand, dass um 1830 der damalige Hausbesitzer Karl Ludwig von Haller seinem Grossvater, dem berühmten Naturforscher Albrecht von Haller, hier ein Denkmal gesetzt hat. Die Schriften Hallers trugen nicht unwesentlich zum Siegeszug des Landschaftsgartens im 19. Jahrhundert in Europa bei.
Solothurn, Garten Schloss Steinbrugg
Schloss Steinbrugg wurde zwischen 1665 und 1668 als Sommerhaus für Johann Joseph von Sury erbaut. Der in seiner Grundanlage und Ausdehnung noch aus der Bauzeit des Hauses stammende Garten geht in seiner heutigen Struktur auf eine Umgestaltung im frühen 18. Jahrhundert zurück und folgt den damaligen Gestaltungsprinzipien hochbarocker französischer Gärten. Von einer erneuten Veränderung Ende des 18. Jahrhunderts zeugt das bis heute erhaltene Boskett. Diese Rarität in der schweizerischen Gartenkunstgeschichte ist nicht nur vollständig mit Wegnetz und Ausstattung erhalten, sondern besitzt als Besonderheit auch das einst weit verbreitete, heute aber selten gewordene Element des Schneckenberges.
Schönenwerd, Bally-Park
Der Bally-Park in Schönenwerd und Gretzenbach geht auf die Initiative von Carl Franz Bally, dem Gründer der Bally-Schuhfabriken zurück. Der Bally-Park folgt den zahlreichen Beispielen des englischen Landschaftsgartens des 18. und 19. Jahrhunderts und ist zu den bedeutendsten seiner Art in der Schweiz zu zählen. Bally beabsichtigte mit dem Landschaftspark der Bevölkerung nicht nur Erholung und Genuss, sondern auch Bildungs- und Kunsterlebnis zu bieten. In Schönenwerd sind zudem wertvolle Zeugen von fast 200 Jahren intensiver industrieller Tätigkeit erhalten. Aussergewöhnlich ist dabei das Zusammenspiel von industriellen Zweckbauten der verschiedenen Epochen, von Villen, Mitarbeiterhäusern und öffentlichem Park.
Tag des Denkmals 9. / 10. September 2006
Programm
Samstag 9. September
- Schönenwerd, Bally-Park Führungen um 10 und 15Uhr. Besammlung beim Kosthaus im Bally-Park.
- Schönenwerd, Bally-Park und Industrieensembles Führung um 14 Uhr (Dauer ca. 3h). Besammlung beim Bahnhof Schönenwerd (dorfseitig).
- Solothurn, Garten Bischöfliches Palais und Schloss Steinbrugg Führungen um 11 und 13 Uhr. Besammlung Schloss Steinbrugg, Eingang Baselstrasse 58.
Sonntag 10. September 2006
- Feldbrunnen, Garten Schloss Waldegg Führungen um 11, 12 und 16.30 Uhr. Besammlung Hof Schloss Waldegg.
- Schönenwerd, Bally-Park Führungen um 10 und 15 Uhr. Besammlung beim Kosthaus im Bally-Park.
- Schönenwerd, Bally-Park und Industrieensembles Führung um 14 Uhr (Dauer ca. 3h). Besammlung beim Bahnhof Schönenwerd (dorfseitig).
- Solothurn, Museum Blumenstein Führung um 14 Uhr Durch die Ausstellung "Zwischen Badhaus und Miststock. Die Grabung im Garten des Palais Besenval" (mit Vernissage). Museum Blumenstein, Blumensteinweg 12.
Weitere Informationen im Internet unter
Europäischer Tag des Denkmals: http://www.hereinspaziert.ch
Hintergrund
Die Europäischen Tage des Denkmals
Der Europäische Tag des Denkmals wird seit 1991 offiziell vom Europarat lanciert und fand im vergangenen Jahr in 48 europäischen Ländern statt. Ueber 30 000 Baudenkmäler und Ensembles konnten besichtigt werden.
Ziel des Europäischen Tags des Denkmals (ETD) ist es, Denkmäler, Ensembles und andere historisch bedeutende Einrichtungen zu öffnen, die normalerweise der Öffentlichkeit nicht zugänglich oder unbekannt sind. Dabei sollen die Besucherinnen und Besucher mit den geschichtlichen und baugeschichtlichen Hintergründen vertraut werden, Funktionen und Aufgaben des Denkmals in Vergangenheit und Gegenwart verstehen. Ein wichtiges Anliegen des Denkmaltages ist es auch, das Bewusstsein breiter Kreise für die Probleme der Erhaltung von Denkmälern zu wecken.
Die ‚Europäischen Tage des Denkmals‘ in der Schweiz
Seit 1994 werden die ‚Europäischen Tage des Denkmals‘ auf nationaler Ebene von der Nationalen Informationsstelle für Kulturgüter-Erhaltung (NIKE) in Bern im Auftrag des Bundesamtes für Kultur (BAK) veranlasst, koordiniert und propagiert.
Die NIKE erfüllt ihre Aufgabe in enger Zusammenarbeit mit den Dienststellen für Denkmalpflege und Archäologie von Bund, Kantonen und Städten. Hunderte von Mitarbeitenden dieser Dienststellen bemühen sich jedes Jahr, dem Publikum ein vielfältiges und interessantes Programm zu bieten.
Bisherige Themen des Denkmaltages in der Schweiz
- 2005 vorher:nachher
- 2004 ‚Nächster Halt: Denkmaltag‘
- 2003 Verre et Vitrail - Schätze aus Glas
- 2002 Mit Hammer, Laser und Skalpell - Handwerk und Hightech am Baudenkmal
- 2001 Wohnen im Baudenkmal 2000 Ein Denkmal steht nie allein. Häuser, Strassen und Plätze im Dialog.
- 1999 Volle Kraft voraus! Verkehr und Energie vom Mittelalter bis heute
- 1998 Bürger und ihr Staat: Bauten des Bundes, der Kantone und ihrer Repräsentanten
- 1997 Wie Geistliche leben: Bischofsresidenzen, Klöster, Pfarrhäuser und Synagogen
- 1996 Häuser und Gärten in der Stadt und auf dem Lande
- 1995 Schlösser, Burgen und historische Landsitze
- 1994 Rathäuser, Regierungsgebäude und andere Baudenkmäler in der Schweiz