Mehr als nur ein "goldener" Abschluss
31.03.2006 - Solothurn – Zum dritten Mal in Folge schreibt der Kanton Solothurn schwarze Zahlen: Die Staatsrechnung 2005 schliesst mit einem Ertragsüberschuss in der Erfolgsrechnung von insgesamt 563 Mio. Franken ab. Die Nettoinvestitionen von 75,5 Mio. Franken konnten vollständig aus eigenen Mitteln finanziert werden. Der Selbstfinanzierungsgrad beträgt ausserordentlich hohe 827%. Der Finanzierungsüberschuss beläuft sich auf 549,1 Mio. Franken. Die Nettoverschuldung sinkt erstmals seit 1992 unter eine halbe Milliarde Franken.
Das ausgezeichnete Gesamtresultat setzt sich aus zwei Komponenten zusammen:
- Dem betrieblichen oder operativen Ergebnis, welches bedeutend besser ausgefallen ist als der Voranschlag und das Vorjahresergebnis, sowie
- den ausserordentlichen Erträgen, von denen insbesondere der Kantonsanteil aus dem Erlös der überschüssigen Goldreserven in der Höhe von 475 Mio. Franken ins Gewicht fällt.
Gutes operatives Ergebnis
Bei einem budgetierten operativen Ertragsüberschuss von 8,5 Mio. Franken und einem positiven Ergebnis von 49,9 Mio. Franken ergibt sich gegenüber dem Budget eine Verbesserung von 41,4 Mio. Franken in der Erfolgsrechnung. Im Vergleich zum bereits guten Vorjahresergebnis von 47,6 Mio. Franken liegt der Ertragsüberschuss 2005 nochmals um 2,3 Mio. Franken, im Vergleich zum Jahr 2003 um 13,2 Mio. Franken höher.
Operative Ertragsüberschüsse in der Grössenordnung zwischen 35 und 50 Mio. Franken, wie dies in den letzten drei Jahren der Fall war, wurden im Kanton Solothurn mindestens bis 1985 zurück nicht erzielt. In der letzten Periode mit Ertragsüberschüssen, in den Jahren 1986 bis 1990, bewegten sich die Überschüsse in der Bandbreite zwischen 1 bis 17,3 Mio. Franken.
Das gegenüber dem Budget bessere operative Ergebnis ist in erster Linie auf folgende Faktoren zurückzuführen:
- Netto ist der Eingang an Staatssteuern um 25,4 Mio. Franken höher ausgefallen als budgetiert. Die Mehreinnahmen sind vollumfänglich auf den höheren Steuerertrag der juristischen Personen zurückzuführen (+37,0 Mio. Franken). Die positive wirtschaftliche Entwicklung wurde zum Zeitpunkt der Budgetierung des Steuereingangs unterschätzt. Auf der anderen Seite wurde der Steuereingang der natürlichen Personen (laufendes Jahr) überschätzt. Die Steuereinnahmen verharrten dort in etwa auf dem Niveau der Rechnung 2004. Zu erwähnen ist hierbei insbesondere, dass sich die Teilrevision 2004 des Steuergesetzes erstmals in der Rechnung 2005 auswirkt (niedrigere Steuertarife, höhere Kinderabzüge, höhere Versicherungsprämienabzüge für Kinder und grösserer Kinderbetreuungskostenabzug).
- Im Steuerbereich mussten aufgrund der verschlechterten Zahlungsmoral deutlich mehr Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden. Daraus resultierten gegenüber dem Budget Mehreinnahmen von rund 1,8 Mio. Franken. Weiter waren bei den nur schwer budgetierbaren Handänderungs- und Erbschaftssteuern Mehrerträge von 3,5 Mio. Franken zu verzeichnen.
- Ebenfalls aufgrund der guten Wirtschaftslage sind die Bundesanteile um insgesamt 4,2 Mio. Franken höher ausgefallen als budgetiert. Ausschlaggebend für diese Verbesserung war der höhere Anteil an der direkten Bundessteuer sowie an der Verrechnungssteuer. Beides ist auf eine grössere wirtschaftlichen Aktivität, eine bessere Ertragslage zurückzuführen.
- Deutlich über dem Budget liegen auch die Vermögenserträge (+ 6,6 Mio. Franken). Wegen des guten Geschäftsganges der letzten drei Jahre und des zum Zeitpunkt der Budgetierung nicht vorhersehbaren ausserordentlichen Ertrages aus dem Erlös der Goldreserven, konnten zusätzliche kurz- und mittelfristige Anlagen getätigt werden, welche einen entsprechenden Ertrag abwarfen (zusätzlicher Ertrag aus Anlage Goldreserven: 2,8 Mio. Franken, aus gutem Geschäftsgang: 2,3 Mio. Franken, übrige Zunahme Vermögenserträge: 1,5 Mio. Franken). Gleichzeitig konnte auch der Zinsaufwand gegenüber dem Budget um 2,8 Mio. Franken gesenkt werden. Die Reduktion des Zinsaufwandes ist ebenfalls das Ergebnis des guten Geschäftsganges sowie einer Ende 2004, also nach Budgetabschluss, zu günstigen Bedingungen abgewickelten Kapitalaufnahme. Aus der Kapitalbewirtschaftung resultiert somit insgesamt eine Verbesserung von 9,4 Mio. Franken.
- Massgeblich zum im Vergleich zum Budget guten Ergebnis beigetragen haben einmal mehr die Dienststellen, welche nach den Grundsätzen der wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WoV) geführt werden: Die Dienststellen (inkl. Spitäler), welche eine Aufwandüberschussvorgabe vom Kantonsrat erhalten hatten, schlossen um 21,1 Mio. Franken besser ab. Diese Verbesserung wird etwas geschmälert durch die Ergebnisse der Globalbudgets mit Ertragsüberschussvorgabe, welche per saldo um 1,2 Mio. Franken schlechter als budgetiert abgeschlossen haben. Insgesamt erwirtschafteten die 47 WoV-Dienststellen gegenüber dem Budget eine Verbesserung von 19,9 Mio. Franken (Vorjahr: 17,3 Mio. Franken).
- Im Bereich des Bildung mussten folgende Kredite nicht voll ausgeschöpft werden: Ausserkantonale Schul- und Studiengebühren (- 1,3 Mio. Franken), Defizit- und Betriebsbeiträge an inner- und ausserkantonale Sonderschulheime (- 1,4 Mio. Franken) und Lehrerbesoldungssubventionen (Volkschule und Kindergarten; - 1,4 Mio. Franken).
Mehrbelastungen ausserhalb des Einflussbereiches des Kantons
Neben diesen Entlastungen gegenüber dem Budget mussten in einigen Bereichen Ertragsausfälle hingenommen bzw. Mehrausgaben getätigt werden. Diese Verschlechterungen sind weitgehend auf Faktoren zurückzuführen, welche vom Kanton gar nicht oder zumindest nicht kurzfristig beeinflusst werden können. Es handelt sich im wesentlichen um die folgenden Positionen:
- Erneut gestiegen sind die Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO, Ergänzungsleistungen AHV/IV) und die Prämienverbilligung. Im Bereich der Sozialversicherungen wird das Budget um netto 14,5 Mio. Franken überschritten. Diese Saldoverschlechterung ergibt sich einerseits aus Mehraufwendungen (+13,5 Mio. Franken) und Mindereinnahmen (- 1 Mio. Franken) gegenüber dem Budget.
- Weiter konnten für verschiedene zum Verkauf vorgesehene Liegenschaften keine Käufer gefunden werden. Hinzu kommt, dass per Ende 2004, also nach der Verabschiedung des Voranschlags 2005, die Liegenschaften des Finanzvermögens neu bewertet worden sind, und deshalb die Buchgewinne aus den veräusserten Liegenschaften geringer als budgetiert ausgefallen sind. Gegenüber dem budgetierten Buchgewinn aus Liegenschaftsverkäufen ergibt sich ein Minderertrag von 6,1 Mio. Franken.
Nettoinvestitionen liegen 7,5 Mio. Franken unter dem Budget
In der Investitionsrechnung liegen die Bruttoausgaben mit 123,4 Mio. Fr. um 21,2 Mio. Franken und die Einnahmen mit 47,9 Mio. um 13,7 Mio. Fr. unter dem Budget. Die Nettoinvestitionen betragen damit 75,5 Mio. Fr. (Vorjahr: 81,2 Mio. Franken). Budgetiert waren 83 Mio. Fr. (Vorjahr: 82,1 Mio. Franken). Von den 75,5 Mio. Franken Nettoinvestitionen entfallen 14,8 Mio. Franken auf Bildungs- und allgemeine Bauten (Budget: 11,6 Mio. Franken) und 19,5 Mio. Franken auf die Verbesserung der Spitalinfrastruktur (Budget: 22,9 Mio. Franken).
Bei den Bildungs- und allgemeinen Bauten wurde mit der Sanierung der Pädagogischen Fachhochschule begonnen. Fertiggestellt und bezogen wurden der Umbau des Schlosses Waldegg sowie des Franziskanerhofes in Solothurn. Bei den Spitalbauten sind insbesondere die Projektoptimierung für den Um- und Ausbau des Kantonsspitals Olten, der Beginn des Neubaus des Hauses 3 Süd der psychiatrischen Dienste erwähnenswert.
In den Bereich Kantonsstrassenbau flossen netto 24,2 Mio. Franken (Budget: 27 Mio. Franken), in den Nationalstrassenbau 2,4 Mio. Franken (Budget: 4,3 Mio. Franken). In die Informationstechnologie (Informatik, Telefonie) wurden budgetgemäss 8,4 Mio. Franken investiert.
Die Budgetunterschreitung im Bereich Strassenbau ist auf Projektverzögerungen bei den flankierenden Massnahmen zur A5 (Kantonsstrassenbau) sowie bei der Realisierung des Kreisels Egerkingen, der Erhöhung der Tunnelsicherheit A5 und Kreditkürzungen des ASTRA (Nationalstrassenbau) zurückzuführen.
Operativer Finanzierungsüberschuss
Das gute Ergebnis der Erfolgsrechnung führt zusammen mit der Ausgabendisziplin bei den Investitionen zu einem operativen Finanzierungsüberschuss von 56,1 Mio. Franken (Vorjahr: 48,1 Mio. Franken). Mit anderen Worten: Die Nettoinvestitionen konnten vollständig aus den ordentlichen Mittelzuflüssen während des Rechnungsjahres gedeckt werden. Der Selbstfinanzierungsgrad beträgt 174% (Vorjahr: 159%). Ein ähnlich hoher Selbstfinanzierungsgrad wurde mit 166% letztmals im Jahr 1987 erreicht. Damals waren aber die Nettoinvestitionen bedeutend geringer: Sie betrugen lediglich 52,6 Mio. Franken.
Ausserordentliche Ereignisse
Neben dem befriedigenden operativen Ergebnis haben insbesondere vier ausserordentliche und einmalige Ereignisse das Gesamtergebnis ganz wesentlich geprägt:
- Nationalbank-Gold: Im Verlaufe des Jahres 2005 flossen dem Kanton Solothurn gemäss seinem verfassungsmässigen Anspruch 475 Mio. Franken der Erlöse aus der Veräusserung der überschüssigen Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu. Die Auszahlung durch die SNB erfolgte in 10 Tranchen, verteilt über die Monate Mai bis Juli 2005.
- Aufwertung der Mobilien der Spitäler: In Hinblick auf die Gründung der Solothurner Spitäler AG (soH) per 8. Dezember 2005 wurden die bereits abgeschriebenen Mobilien der Spitäler neu bewertet und in die neu gegründete AG als Sacheinlage des Kantons eingebracht. Aus der Neubewertung der Mobilien resultierte ein ausserordentlicher Ertrag in der Höhe von 30 Mio. Franken.
- Auflösung Spitalbaufonds: Die Spezialfinanzierung "Spitalbauten" wurde gemäss § 23 Abs. 3 des Spitalgesetzes aufgelöst. Der Restbestand von 11,4 Mio. Fr. wurde der allgemeinen Staatsrechnung als ausserordentlicher Ertrag gutgeschrieben.
- Auflösung Reserven Fachhochschule Nordwestschweiz, Solothurn: Mit der Umwandlung der FHNW, Solothurn, in eine AG öffentlichen Rechts mit interkantonaler Trägerschaft, wurden die bisher unter der kantonalen Führung erwirtschafteten Reserven in der Höhe von rund 1,6 Mio. Fr. als ausserordentlicher Ertrag zugunsten der allgemeinen Staatsrechnung verbucht.
Ergebnisverschlechternd wirkt sich die ausserordentliche Abschreibung von Investitionsbeiträgen der Wirtschaftsförderung in der Höhe von rund 4,8 Mio. Franken aus. Die Abschreibung ist begründet durch eine Änderung in der Verbuchungspraxis seit Inkrafttreten des neuen Finanzhaushaltsrechtes per 1. Januar 2005. In früheren Jahren wurden solche nicht rückzahlbaren Investitionsbeiträge aktiviert und jeweils mit 10% des Restbuchwertes abgeschrieben. Seit 2005 werden solche Beiträge direkt abgeschrieben.
Per Saldo resultiert aus diesen ausserordentlichen Ereignissen eine Verbesserung in der Höhe von 513,1 Mio. Franken. Diese Verbesserung wirkt sich auch direkt auf das Finanzierungsergebnis aus.
Gesamtergebnis
Insgesamt (operatives Ergebnis und ausserordentliches Ergebnis) weist die Erfolgsrechnung im Jahr 2005 einen Ertragsüberschuss von 563 Mio. Franken aus. Der Bilanzfehlbetrag von 543 Mio. Franken per Ende 2004 kann vollständig abgebaut und ein kleines Eigenkapital von 20 Mio. Franken gebildet werden. Der Finanzierungsüberschuss beträgt 549,1 Mio. Franken und die Nettoschuld sinkt damit von 996 Mio. Franken auf 446,9 Mio. Franken oder 1‘790 Franken pro Einwohner (Vorjahr: 3'990 Franken).
Trotz gutem, einmaligen Abschluss ist weiterhin haushälterisch mit den Steuergeldern umzugehen
Neben der sehr guten Ausgabendisziplin sind - neben den ausserordentlichen und einmaligen Ereignissen - viele Verbesserungen gegenüber dem Budget auf die allgemein gute wirtschaftliche Entwicklung / Ertragslage zurückzuführen. Wir verweisen hier insbesondere auf die guten Steuererträge bei den juristischen Personen, aber auch die hohen Einnahmen beim Anteil an der direkten Bundessteuer und der Verrechnungssteuer. Diese Einnahmen sind stark konjunkturell geprägt und es ist deshalb sehr wichtig, dass die Ausgabendisziplin trotz des guten Ergebnisses aufrecht erhalten wird. Das zukünftige Ausgabenniveau darf sich keinesfalls nach dem einmaligen Ergebnis 2005 ausrichten. Andernfalls riskiert der Kanton in Zukunft (wieder) strukturelle Defizite, deren Abbau erfahrungsgemäss sehr schwierig und mit einschneidenden Massnahmen verbunden ist.
Rechnung 2005: Erster wichtiger Meilenstein zur Sanierung des Staatshaushaltes erreicht
Mit dem vollständigen Abbau des seit 1993 bestehenden Bilanzfehlbetrages und der Halbierung der Nettoverschuldung gegenüber dem Vorjahr ist ein erster wichtiger Meilenstein in der Sanierung des Staatshaushaltes erreicht.
Nach wie vor kann aber nicht von einer vollständigen Sanierung der Staatsfinanzen gesprochen werden. Mit einem Eigenkapital von 20 Mio. Franken und einer Bilanzsumme von 1,6 Mia. Franken beträgt der Eigenkapitalanteil lediglich 1¼ Prozent. Auch weist die Bilanz nach wie vor eine Nettoverschuldung von rund 450 Mio. Franken aus. Handlungsbedarf ist auch hier noch gegeben.
Trotz der erwähnten Einschränkungen gibt der gute Abschluss 2005 Anlass zur Hoffnung für die zukünftige Entwicklung der Solothurner Finanzen. Die Anstrengungen der vergangenen Jahre zeigen Früchte, die nun noch ausreifen müssen.
- rrbrechnung05 (pdf, 703 KB)
- finanzkennzahlen2006331104550 (pdf, 36 KB)
- entwicklung der kantonalen finanzlage2006331104953 (pdf, 36 KB)