KANTONSRAT: Justizkommission stimmt Reform der Strafverfolgung zu

27.08.2003 - Solothurn – Unter der Leitung von Herbert Wüthrich (SVP, Gerlafingen) hat die Justizkommission (JUKO) die Reform der Strafverfolgung zuhanden des Kantonsrates verabschiedet. Die Reform enthält eine Verfassungsänderung sowie eine Reihe von Gesetzesänderungen im Bereich der Strafverfolgung. Die Strafverfolgung soll wirksamer werden und die rechtsstaatlichen Anforderungen erfüllen. Der Kantonsrat wird die Vorlage voraussichtlich in der November-Session abschliessend beraten.


Die JUKO stimmte den sieben Beschlussesentwürfen zur Reform der Strafverfolgung mit zwei Änderungsanträgen zu.

Sie beantragt als Wahlerfordernis für den Staatsanwalt das Anwaltspatent eines schweizerischen Kantons, wobei in Ausnahmefällen gemäss dem Antrag des Regierungsrates eine an einer schweizerischen Hochschule abgeschlossene juristische oder andere fachbezogene Ausbildung genügen kann. Anderseits will die JUKO nicht, dass Mitteilungen der Strafgerichts- und Strafverfolgunsbehörden an die Türe geheftet werden können, wenn keine empfangsberechtigte Person angetroffen wird.

Die Reform der Strafverfolgung will:

  • für das Verfahren gegen Erwachsene vom Untersuchungsrichtermodell zum Staatsanwaltschaftsmodell übergehen: Mit diesem System werden die Untersuchungen durch Staatsanwälte ge- führt, die unter der Leitung des Oberstaatsanwalts stehen. Die Staatsan- wälte erlassen nach Abschluss der Untersuchung selbst entweder eine An klage, eine Strafverfügung oder eine Verfahrenseinstellung. Zur Verfahrens- vereinfachung wird zugleich vorgeschlagen, die bisher eher beschränkten Möglichkeiten, eine Strafverfügung zu erlassen, auszudehnen.
  • die Strafverfügungskompetenzen von einem auf sechs Monate Freiheitsstrafe ausdehnen: Die Befugnis des Staatsanwaltes, Straffälle mit einer Strafverfügung abzuschliessen, soll auf alle Deliktarten (neben Übertretungen auch auf alle Verbrechen und Vergehen) sowie umfangmässig (Freiheitsstrafen bis sechs Monate und/oder Busse in unbeschränkter Höhe) ausgeweitet werden.
  • den Haftrichter einführen: Ein Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strassburg zwingt den Kanton Solothurn, die Anordnung der Untersuchungshaft, die bisher durch den Untersuchungsrichter selbst erfolgt, neu zu regeln. Es wird neu ein Haftrichter eingeführt.
  • den Instanzenweg vereinfachen: Neu sind grundsätzlich alle Straffälle erstinstanzlich entweder dem Amtsgerichtspräsidenten oder dem Amtsgericht zuzuweisen. Das Obergericht wird damit zur reinen Rechtsmittelinstanz. Somit stehen künftig in allen Strafverfahren zwei Instanzen mit voller Überprüfungsbefugnis zur Verfügung. Das Kriminalgericht soll aufgehoben werden, und damit wird auch das Kassationsgericht überflüssig.
  • ein kantonales Jugendgericht einsetzen: Die bisherigen Jugendgerichte der Amteien, die nur wenig Fälle zu beurteilen hatten, sollen durch ein einziges kantonales Jugendgericht ersetzt werden. Das soll zu einer weiteren Professionalisierung der Jugendstrafrechtspflege führen. Die Verfügungskompetenz des Jugendanwaltes soll, entsprechen jener des neuen Staatsanwalts, ausgedehnt werden.
  • Untersuchungsbeamte einführen: Zur Entlastung der künftigen Staatsanwälte und der Jugendanwälte sollen Untersuchungsbeamte eingestellt werden können, denen im Bereiche der Übertretungen eigene Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnisse eingeräumt werden.