Stefan Ruchti: Solothurner Bildungschef geht nach 11 Jahren in Pension
Stefan Ruchti leitete elf Jahre lang das Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen. Der Bettlacher trieb die Digitalisierung voran und initiierte den Aufbau eines IT-Kompetenzzentrums. Dass der Kanton Solothurn eine der tiefsten gymnasialen Maturitätsquoten hat, sei kein Problem.

Real Madrid hatte Toni Kroos, die Schweizer Nati hat Granit Xhaka. Und das Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen (ABMH) im Kanton Solothurn? Das hat Stefan Ruchti. Der Vergleich mit den Fussballern kommt nicht von ungefähr. Denn es ist das, was Ruchti an der Spitze des ABMH macht: Pässe verteilen, verschiedene Interessengruppen vernetzen, die Übersicht behalten, da sein, wenn es darauf ankommt. «Ich bin der Mittelfeldracker und stehe weniger gerne im Rampenlicht», sagt Ruchti selbst. «Die Tore schiesst Remo Ankli.»
Elf Jahre lang leitete Stefan Ruchti unter FDP-Bildungsdirektor Ankli das ABMH. Ende Mai wird er pensioniert. Wegen Dienstaltersgeschenk und Ferien hatte er seinen letzten Arbeitstag bereits Ende Februar. Der Bettlacher widmete schon sein ganzes Leben der Bildung. Nach den Ausbildungen zum Sport- und Berufsschullehrer absolvierte er einen Lehrgang zum Schulleiter in St. Gallen. 2004 wurde er zum Rektor der Gewerblich-Industriellen Berufsfachschule Solothurn (GIBS) ernannt. Von 1997 bis 2004 engagierte er sich als Bildungspolitiker für die FDP im Kantonsrat.

Seit Anfang 2014 stand Ruchti nun an der Spitze des ABMH. Das Amt ist eine Art Dienstleistungszentrum für alle Ausbildungspartner der Sekundarstufe II und der Tertiärstufe. Ihm angegliedert sind etwa die übergeordnete Koordination beider Kantis und beider BBZ (Solothurn-Grenchen und Olten), die Hochschulen, die Berufs- und Studienberatung sowie die berufliche Grundbildung mit rund 6000 Lernenden.
Ruchti ist damit Vorgesetzter von rund 60 Personen im ABMH und verantwortet vier Globalbudgets im Wert von jährlich insgesamt rund 130 Millionen Franken.
Digitalisierung im Zentrum des Schaffens
Als Ruchti sein Amt antrat, beschäftigte ihn ein Thema, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat: die Digitalisierung. «Das war schon immer eines meiner Steckenpferde.» Schon im ersten Monat seiner Anstellung habe er geholfen, wichtige Digitalisierungsprojekte zugunsten der Berufs- und Mittelschulen zu lancieren.
Etwa das Projekt «Kaschuso». Es handelt sich dabei um eine Software für die Schulverwaltung, auf die rund 4500 Lehrpersonen, Ausbildnerinnen und Ausbildner sowie 12’000 Schüler und Lernende Zugriff haben. Während früher alles mühsam von Hand erfasst werden musste, können mit der Anwendung seit 2017 alle unkompliziert ihre Noten einsehen oder Absenzen eintragen. «Es ist bezüglich User die zweitgrösste Applikation im Kanton nach der Steuerverwaltung», sagt Ruchti.
Seine Arbeitsphilosophie beschreibt er mit einem Zitat des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy: «Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden.» Getreu diesem Motto hat der Bettlacher auch ein IT-Kompetenzzentrum im ABMH aufgebaut. Dieses IT-Team kümmert sich um den zentralen Betrieb und die Weiterentwicklung der Fachapplikationen der Kantis und BBZ sowie des ABMH, die IT-Koordination, den Aufbau des Bereiches rund um den Informations- und Datenschutz sowie die Umsetzung von strategischen IT-Vorhaben.
In Zusammenarbeit mit den BBZ und Kantis werden in diesem Rahmen jährlich gemeinsame Mindestanforderungen für Schüler-Laptops oder Vorgaben im Umgang mit KI-Werkzeugen für alle Mittel- und Berufsfachschulen definiert. «Wir sind derzeit gut aufgestellt, aber die Digitalisierung ist nie abgeschlossen», sagt Ruchti. Mit der künstlichen Intelligenz stehe die nächste Herausforderung bereits im Schulzimmer.

Maturitätsquote ist nicht der Massstab aller Dinge
Apropos Herausforderungen: Hier nennt Ruchti mehrere Punkte. Zum einen natürlich die Corona-Pandemie, die das Schulsystem über Nacht lahmlegte. «Wenn der Bundesrat seine Entscheide am Freitag verkündete, verbrachten wir das ganze Wochenende mit Sitzungen, um Lehrbetriebe, Eltern, Schüler und Lehrpersonen vor dem nächsten Schultag über das weitere Vorgehen zu informieren.» Auch die Umsetzung der Pflegeinitiative auf kantonaler Stufe sei eine Herausforderung. Oder (Um-)Bauprojekte wie jenes der Kanti Olten oder aktuell der Kanti Solothurn, bei denen sein Amt ebenfalls involviert sei.
Besonders stolz ist der 64-Jährige derweil auf die positive Entwicklung der Berufsbildung im Kanton. Immer wieder wird die tiefe Maturitätsquote im Kanton Solothurn kritisiert. Mit rund 18 Prozent ist die gymnasiale Maturitätsquote eine der niedrigsten der Schweiz. Ruchti sagt aber: «Man muss sie nicht zwingend erhöhen. Viel wichtiger ist es, dass die richtigen Leute am richtigen Platz sind. Wir haben schliesslich nichts davon, wenn 40 Prozent eine gymnasiale Matur machen und dann nicht studieren.» Man solle aufhören, Berufsbildung und Matur gegeneinander auszuspielen. «Es braucht beide Wege.»
Handlungsbedarf sieht er hingegen bei der Berufsmatur. Auch hier gehört die Quote mit rund 12 Prozent zu den tiefsten der Schweiz. Er sähe sie gerne bei 17 bis 18 Prozent. «Gerade die Berufsmatur 1 ist nicht sonderlich attraktiv für die Betriebe, weil die Lernenden einen zusätzlichen Tag in der Schule sind statt im Betrieb.»
Solothurner BBZ günstiger als Schweizer Schnitt
Ganz vorne mit dabei sei man dafür, wenn es darum geht, eine qualitativ gute Bildung an den beiden BBZ kostengünstig anzubieten. Mit einer Kosteneffizienz von derzeit 83 Prozent ist man deutlich günstiger unterwegs als der Schweizer Schnitt (100 Prozent). Das sei laut Ruchti auf die seit Jahren effizientere Organisation der Berufsfachschulen zurückzuführen. Nach dem Motto «Ein Beruf, ein Schulort» werden die jeweiligen Berufe nur noch an einem Standort im Kanton ausgebildet und nicht an mehreren gleichzeitig wie in anderen Kantonen.
Nun räumt «Mittelfeldracker» Stefan Ruchti also das Feld. Bevor sich der Vater von drei erwachsenen Kindern wieder neuen Projekten widme, wolle er mit seiner Frau erst eine Auszeit nehmen. Sein «Torschütze» und Vorgesetzter Remo Ankli, der im Sommer selbst zurücktritt, sagt über die Zusammenarbeit: «Er hat mit grosser Sachkenntnis, Leidenschaft und einem Blick für die grossen Linien während über elf Jahren das sehr breit aufgestellte Amt geführt. Stets hat er als Verantwortlicher der Sekundarstufe II die wichtigen Beziehungen zur Wirtschaft und den Unternehmen gepflegt. Dafür gebührt ihm Respekt und grosser Dank.»
Ruchtis Nachfolger ist der 54-jährige Daniel Stähli. Er war zuletzt Direktor des Ausbildungszentrums BFB in Biel und Präsident der Bernischen Berufsfachschulen.

Artikel: Adrian Kamber
Bilder: Bruno Kissling und Michel Lüthi
Mit bestem Dank an die Solothurner Zeitung, welche uns den Artikel zur Verfügung gestellt hat.