Porträt Lothar Bürgi

Wir treffen Lothar Bürgi in seinem Büro. Er wirkt trotz rund 180 Projekten, die er seit Mai 2025 als Leiter Projektmanagement Kreis II mitverantwortet, erstaunlich entspannt. Entspannt zumindest im Vergleich zum Laien, dem schon beim Gedanken an die Sanierung der heimischen Küche die stressbedingten Schweissperlen auf die Stirn schiessen. «Es braucht viel, damit ich in Rage gerate. Ich bin ein ausgeglichener Mensch», sagt Bürgi. Und man glaubt es ihm.

Lothar Bürgi ist studierter Kulturingenieur ETH – ein Studium, das es heute so nicht mehr gibt. «Der Name stammt aus alten Zeiten und kommt von Kulturtechnik wie Meliorationen, Bodenkunde, Vermessung und ähnliches. Wir wurden als Generalisten in verschiedenen Ingenieurbereichen, Verkehrsplanung, Strassenbau, Raumplanung und Vermessung ausgebildet. Das hilft mir in meinem heutigen Beruf, wo die Fäden verschiedener Fachbereiche zusammenfinden», erklärt er. Die Projekte seines  Teams sind vor allem im Strassenbau angesiedelt. Im Kreis II werden aber auch einige Kunstbauten, Lärmschutz-Projekte und Felssanierungen geplant und umgesetzt. Dies sind beispielsweise Brücken und Stützmauern sowie Beläge und Lärmschutzwände.

Bürgis Arbeit beginnt schon lange vor dem Start eines Projekts – also bei der Frage, wie es überhaupt zu einem Projekt kommt. «Wenn wir zum Beispiel aufgrund des Zustandes der Infrastruktur oder neuer Bedürfnisse ein Strassenprojekt aufgleisen, koordinieren wir das mit der betroffenen Gemeinde sowie den Werkeigentümerinnnen. Um Synergien nutzen zu können, stellt sich für diese die Frage, ob sie ihre Werke gleichzeitig ausbauen oder instand halten wollen. Die Gemeinden brauchen dafür eine Vorlaufzeit, um beispielsweise die erforderlichen Kredite zu planen», erklärt er.

Mit unterschiedlichsten Leuten umgehen und zuhören können

Auf der Baustelle sieht man Bürgi aber nicht mehr oft. «Wenn irgendwie möglich, nehme ich zu Beginn eines Projekts an der Startsitzung teil. So lerne ich die Leute kennen, die im Einsatz sind. Die erfahrenen Projektleiter seines Teams übernehmen die Rolle der Bauherrenvertretung vom Projektstart bis Projektabschluss, wie er das in seiner früheren Funktion selber auch gemacht hat. «Zwischendurch unterstütze ich die Projektleiter. Dann bin ich froh, wenn ich die Leute schon einmal gesehen habe», so Lothar Bürgi. 

Bauen ist immer herausfordernd. Und es sind immer viele Menschen mit verschiedenen Interessen involviert. Hier kommt eine von Lothar Bürgis Stärken zum Tragen, wie er erklärt: «Man muss mit den Leuten umgehen können und ihnen zuhören. Ingenieure, Bauleiter, Bauarbeiter, Behörden, Anstösser, Interessensvertreter, Politiker, Juristen usw. sind involviert und alle sprechen ihre eigene Sprache.»


Am Schluss kommt es meistens anders

Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs war Lothar Bürgi vor allem mit dem neuen Mehrjahresprogramm 2026-2029 beschäftigt. Darin zeigt der Kanton Solothurn den Gemeinden auf, wo in den nächsten Jahren welche Baustellen geplant sind. Das Mehrjahresprogramm ist ein in vielen Teilen austariertes Werk. So muss der Kanton u.a. darauf achten, dass die Projekte zeitlich aufeinander abgestimmt sind und auch die finanziellen Mittel sinnvoll eingesetzt werden.

Doch ein erfahrener Projektmanager wie Lothar Bürgi wäre nicht ein erfahrener Projektmanager, wenn er nicht genau wüsste, dass am Schluss einiges anders kommen kann. Bürgi meint das trotz einem Lächeln durchaus ernst: «Es gibt so viele Faktoren, die ein Projekt verzögern können. Viele davon sind fremdbestimmt. Wir merken, dass die Hemmschwelle für Beschwerden tiefer ist als auch schon. Insofern ist das Mehrjahresprogramm mehr eine Absichtserklärung unseres Amtes als ein konkretes Bauprogramm für die nächsten Jahre.»

Spannende Phase in Balsthal

Neben seiner Managementfunktion betreut Lothar Bürgi auch noch einzelne Projekte operativ selber. Wie zum Beispiel die Umfahrung Klus in Balsthal, die landesweit für Aufmerksamkeit sorgte: Nach jahrelanger Planung stellte ein Gutachten der eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission und der eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege fest, dass das Projekt ein zu schwerer Eingriff für das Ortsbild Klus wäre. Obwohl die dazu notwendigen fachlichen Abklärungen vorgenommen worden waren und das Solothurner Stimmvolk den Kredit von 74 Millionen Franken für die Umfahrung gutgeheissen hatte, entschieden die Gerichte daraufhin, dass das Projekt nicht bewilligungsfähig sei. Nun läuft ein Studienauftrag, der in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kultur durchgeführt wird. Dieses ist für den Ortsbildschutz von nationalem Interesse zuständig. «Da sind wir in einer spannenden Phase», meint Projektleiter Bürgi abgeklärt  dazu.

Zu tun haben wird er mit der Umfahrung – egal was herauskommt – noch einiges: «Der Studienauftrag wird aufzeigen, ob das Projekt angepasst werden muss, und obeine neue, finanzierbare Linienführung projektiert werden kann. Oder aber ob aufgrund des Ortsbildes gar kein finanzierbares Umfahrungsprojekt möglich ist.

Festival-Freak und Bewegungsmensch

Lothar Bürgi (56) lebt in Kestenholz und mag es auch privat abwechslungsreich und herausfordernd. In seiner Freizeit treibt er gerne Sport – am liebsten macht er Skitouren, schwingt sich aufs Bike oder wandert – am liebsten draussen in den Bergen. Er geniesst aber auch das gemütliche Zusammensein mit Freunden. Zur Arbeit pendelt er ausschliesslich mit dem öffentlichen Verkehr.

Und alle zwei Jahre steht Lothar Bürgi zwar nicht auf – aber aktiv hinter und neben der Bühne: Beim Musikfestival «St. Peter at Sunset» in Kestenholz ist er in verschiedenen Funktionen tätig. Als Vorstandsmitglied des Trägervereins des Festivals gehört Bürgi zu den Initianten dieses Festivals. Dafür nimmt er jeweils zwei Wochen Ferien. «Nach diesen zwei Wochen bin ich zwar erschöpft, aber ich habe wieder den Kopf frei für meine Aufgaben beim AVT.»