Mai 2021

Für ein angemesseneres Sexualstrafrecht

  • 04.05.2021

Der Regierungsrat stimmt diversen Änderungen des Sexualstrafrechts zu. Der von der Rechtskommission des Ständerates vorgelegte Gesetzesentwurf sieht vor allem eine angepasste Regelung im Bereich der sexuellen Handlungen, die gegen den Willen der betroffenen Personen erfolgen, vor.

Als wichtige Neuerung des revidierten Sexualstrafrechts wird der Tatbestand des sexuellen Übergriffs eingeführt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Opfer in einen Schockzustand verfallen können und die Handlungen über sich ergehen lassen, obwohl sie – für den Täter erkennbar – nicht damit einverstanden sind. In diesen Fällen fehlt heute jeweils die Nötigungshandlung, womit die Schwelle zu einer Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung nicht überschritten wird. Deshalb muss jeweils auf den Übertretungstatbestand der sexuellen Belästigung ausgewichen werden, der lediglich mit Busse bestraft werden kann. Dies führt heute zuweilen zu Strafen, die im Hinblick auf das Verschulden nicht angemessen sind. Mit dem neuen Tatbestand, der mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet wird, soll diese Lücke geschlossen werden. Der Regierungsrat begrüsst diese Änderung.

Eine weitere Änderung betrifft die Vergewaltigung. Damit wird die Tathandlung auf sämtliche Formen der gewaltsamen sexuellen Penetration ausgedehnt. Zudem werden neu auch Personen männlichen Geschlechts als Opfer erfasst. Auch diese Änderung befürwortet der Regierungsrat.

Bei den Tatbeständen der sexuellen Handlungen mit Kindern, sexuellen Handlungen mit Abhängigen sowie Ausnützung einer Notlage soll keine Privilegierung mehr vorgesehen werden für Täter, mit denen die geschädigte Person später die Heirat bzw. eine eingetragene Partnerschaft eingeht. Heute kann in solchen Fällen von einer Strafe abgesehen werden. Der Regierungsrat will diese Möglichkeit beibehalten, da es sich dabei um keinen zwingenden Strafbefreiungsgrund handelt.

Unnötige Kriminalisierung von Jugendlichen verhindern

Im Bereich der strafbaren Pornografie ist bereits heute Straffreiheit vorgesehen, falls Minderjährige von mehr als 16 Jahren voneinander einvernehmlich pornografische Fotos oder Filme herstellen. Es hat sich in der Praxis aber gezeigt, dass oftmals Jugendliche unter 16 Jahren betroffen sind. Hier werden deshalb Anpassungen vorgeschlagen, um die unnötige Kriminalisierung Jugendlicher zu verhindern. So wird namentlich eine Neuregelung des Bereichs der «Nacktselfies» von Minderjährigen, d.h. von sich selbst aufgenommenen pornografischen Bildern, vorgeschlagen. Demnach sollen Minderjährige unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit für das Aufnehmen und Weiterleiten solcher Selfies geniessen. Der Regierungsrat stimmt der Neuerung grundsätzlich zu.

Schliesslich ist der Regierungsrat auch mit der vorgeschlagenen Einführung eines «Grooming»-Tatbestands einverstanden. Beim Grooming handelt es sich um Strategien, um auf ein reales Treffen und einen möglichen Missbrauch von Kindern unter 16 Jahren hinzuarbeiten – typischerweise über Chats oder Foren).

Diese Vorbereitungshandlungen sind heute, sofern es nicht zu einem realen Treffen kommt, straflos. Der Regierungsrat begrüsst den erweiterten Schutz von unter 16-Jährigen.