Projekt "Wildruhezonen"
Was ist eine Wildruhezone?
Sport und Erholung in der Natur liegen im Trend – sei es Wandern, Klettern, Mountainbiking, Hängegleiten oder Schneeschuhlaufen. Bei all diesen Aktivitäten bewegt man sich im Lebensraum von Wildtieren, welche zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten sensibel auf Störungen durch den Menschen reagieren. Im Winter sind sie wegen der Kälte und dem spärlichen Nahrungsangebot besonders auf Ruhe angewiesen und müssen sparsam mit ihren limitierten Energiereserven umgehen. Während der Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit reagieren Wildtiere besonders empfindlich auf Störungen und können ihre Brut oder Jungtiere gar aufgeben und das Gebiet verlassen. Die Ruhe ist für Wildtiere somit in fast allen Jahreszeiten überlebenswichtig.
Ein geeignetes Instrument für das Lenken der Freizeitnutzung in der Landschaft sind Wildruhezonen (WRZ). Den Wildtieren werden durch Wildruhezonen Rückzugsgebiete angeboten und Gebiete zur Nahrungsaufnahme gesichert. In den Wildruhezonen stehen die Bedürfnisse der Wildtiere im Vordergrund und sie dienen gemäss eidgenössischem Jagdgesetz (Art. 7 Abs. 4, JSG) der Vermeidung übermässiger Störung als Antwort auf die zunehmende Freizeitnutzung. Wildruhezonen sind überall dort sinnvoll, wo Konflikte zwischen Mensch und Wildtier bestehen, damit die Lebensraumnutzung zeitlich sowie räumlich entflechtet werden kann.
Weitere Informationen zum Instrument Wildruhezonen und wo sie in der Schweiz erfolgreich eingesetzt werden: Wildruhezonen - Bundesamt für Umwelt, BAFU
Gesetzliche Grundlagen zu Wildruhezonen
Bund:
«Die Kantone sorgen für einen ausreichenden Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel vor Störung.» (JSG, Art. 7 Abs. 4)
«Soweit es für den ausreichenden Schutz der wildlebenden Säugetiere und Vögel vor Störung durch Freizeitaktivitäten und Tourismus erforderlich ist, können die Kantone Wildruhezonen und die darin zur Benutzung erlaubten Routen und Wege bezeichnen.» (JSV, Art. 4e)
Kanton Solothurn:
«Das Gesetz bezweckt, die Lebensräume von Wildtieren zu erhalten und mittels Wildtierkorridoren die Vernetzung von Wildtierpopulationen zu sichern, bedrohte Wildtierarten zu schützen und zu fördern und Wildtiere vor Störung durch Freizeitaktivitäten ausreichend zu schützen.» (JaG, § 1 Abs. 2 lit. b, c, f)
«Der Druck auf die natürlichen Lebensräume und die Wildtiere nimmt stetig zu, so dass störungsempfindliche Arten immer mehr zurückgedrängt werden, lokal aus ihren Lebensräumen verschwinden oder gar ganz aussterben. Die Kantone sind gemäss JSG verpflichtet, Wildtiere ausreichend vor Störung zu schützen. Dieser Schutz kann einerseits mit der Ausscheidung von Schutzgebieten oder Wildruhezonen oder aber auch durch zeitliche und örtliche Einschränkungen von Freizeitaktivitäten gewährleistet werden.» (Erläuterungen zum JaG, § 1 Abs. 2 lit. f / PDF “RRB-Beilage”, Seite 17)
Wildruhezonen im Kanton Solothurn
Aktuell gib es im Kanton Solothurn zwei Wildruhezonen auf dem Weissenstein, welche als Ausgleichsmassnahme zum Bau der Bikestrecke ausgeschieden wurden. Das Ziel ist eine kantonsweite Planung, um ruhige Lebensräume ruhig zu halten und stark genutzte Gebiete durch Lenkung zu beruhigen. Für die kantonsweite Planung wurde im Jahr 2022 die Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) beauftragt, Grundlagen für wildtierbiologisch wichtige Lebensräume (Wildruhegebiete) im Kanton zu erarbeiten.
Grundlagen zur Ausscheidung von Wildruhegebieten im Kanton Solothurn (ZHAW, 2024) (pdf, 6 MB)
Partizipativer Prozess
Im kantonalen Richtplan des Kantons Solothurn gibt es folgenden Planungsauftrag (Kapitel L-2.3): Der Kanton erarbeitet im Einvernehmen mit den betroffenen Akteuren die Grundlagen für Wildruhezonen. Um diesen Planungsauftrag auszuführen, hat das Amts für Wald, Jagd und Fischerei Anfang 2023 eine amtsübergreifende Projektgruppe gegründet, welche das Projekt seither fachlich begleitet. Die darin vertretenen Ämter sind:
- Amt für Wald, Jagd und Fischerei
- Amt für Raumplanung
- Amt für Landwirtschaft
Im August 2023 fand die erste Informationsveranstaltung für 19 verschiedene Interessensvertretungen aus diversen Bereichen statt. Als Mitlieder der Begleitgruppe sind sie partizipativ am Prozess beteiligt (u.a. Workshop «Wildruhezonen im Jura» am 05.12.2023) und werden seither über wichtige Meilensteine im Projekt informiert. Sie sind zudem wichtige Bindeglieder zu den regionalen Interessensvertretungen, welche bei der Ausarbeitung von konkreten Gebieten frühzeitig einbezogen werden. Die Begleitgruppe besteht aus folgenden Interessensgruppen (alphabetisch geordnet):
- BirdLife Solothurn
- Bürgergemeinde und Wald Solothurn BWSO
- Forstpersonalverband FPSO
- IG Klettern Basler Jura
- IG Klettern Jura-Südfuss
- IG MTB Solothurn
- Kanton Solothurn Tourismus
- Naturpark Thal
- Pro Natura Solothurn
- Revierjagd Solothurn RJSO
- Schweizer Alpen-Club SAC - Sektion Weissenstein
- Schweizerische Kynologische Gesellschaft SKG
- Schweizerischer Hängegleiter-Verband SHV
- Solothurner Bauernverband SOBV
- Solothurner Kantonaler OL-Verband SKOLV
- Solothurner Wanderwege
- Verband Solothurner Einwohnergemeinden VSEG
- WWF Solothurn
- Zentralschweizerischer Kavallerie- und Pferdesportverband ZKV
Pilotprojekt “Wannenflueh - Chamben”
Das Gebiet rund um die Chamben eignet sich aus diversen Gründen sehr gut für die Einrichtung einer Wildruhezone zum Schutz der heimischen Wildtiere. Das Gebiet «Wanneflue – Chamben» wurde daher für ein mögliches Pilotprojekt auserwählt. In diesem Zusammenhang wurde den betroffenen Gemeinden Günsberg, Balm bei Günsberg, Herbetswil und Welschenrohr-Gänsbrunnen im September 2025 das Pilotprojekt vorgestellt.
Dabei hat der Kanton angeboten, das Projekt in einem gemeindeübergreifenden Planungsverfahren zu begleiten. Das Projektteam steht derzeit mit den Gemeinden in Kontakt, um das weitere Vorgehen zu definieren. Sofern die einzelnen Gemeinden ihre Mitarbeit bestätigen, könnten in einem nächsten Schritt die regionalen Interessensvertretungen für die Mitarbeit im Projekt kontaktiert werden. Gemeinsam sollen dann konkrete Vorschläge für eine potenzielle Wildruhezone erarbeitet werden. Als Diskussionsgrundlage für die partizipative Erarbeitung dient eine fachliche Ausgangslage, wobei weder der Perimeter noch Massnahmen für das Gebiet festgelegt sind. Es soll eine Wildruhezone erarbeitet werden, die ökologisch sinnvoll ist, von der Bevölkerung getragen wird und in der Praxis funktioniert.