Fliessgewässer – hochwassersicher und ökologisch vielfältig

Die Fliessgewässer im Kanton Solothurn prägen die Landschaft, sind Lebensraum für unzählige Tier- und Pflanzenarten sowie Erholungsraum für den Menschen. Bei langanhaltenden Starkniederschlägen und zu geringer Abflusskapazität können sie zur Bedrohung werden. Zahlreiche Bestrebungen sind notwendig, um die Flüsse und Bäche hochwassersicher und ökologisch vielfältig zu erhalten und weiterhin zu gestalten.

Wasserbau im Wandel

Von den rund 1150 km Fliessgewässern, die den Kanton Solothurn prägen, sind etwa 800 km nicht naturnah. Wurden die Gewässer einst zum Schutz vor Überschwemmungen kanalisiert oder eingedolt, setzt der moderne Wasserbau den Fokus auf eine naturnahe Lebendigkeit der Gewässer.

Wasserbauliche Massnahmen müssen vielen Ansprüchen genügen

Im Kanton Solothurn sind rund 37 % der Bauzonen potenziell von Wassergefahren durch Fliessgewässer bedroht; dies ohne Berücksichtigung des Oberflächenabflusses, d.h. des Niederschlagswassers, das bei Starkregen oberflächlich abfliesst und ebenfalls zu Überschwemmungen führen kann. Diese Gefahren werden in Gefahrenkarten erhoben und aufgezeigt. Gefahrenkarten sind öffentlich im Geoportal des Kantons Solothurn zugänglich. Sie werden ca. alle 10–15 Jahre, insbesondere im Rahmen von Ortsplanungsrevisionen, aktualisiert.

Der Kanton und die Gemeinden sind angehalten, die in den Karten ausgewiesenen Gefahren mit wasserbaulichen Massnahmen wo möglich zu beheben und dadurch Überflutungsschäden in besiedelten Gebieten zu verhindern. Laut Gesetzgebung muss dies stets unter Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen geschehen. Ökologische Aufwertungen (Revitalisierungen) tragen wesentlich zur Wiederherstellung naturnaher Gewässer bei. In der Regel umfassen diese den sogenannten Gewässerraum, müssen aber bei engen Platzverhältnissen – z.B. einer bestehenden Strasse direkt am Gewässer – den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden.

Beispiel Busletenbach: Die Planung eines Strassenbauprojekts bot die Gelegenheit, begleitend zum Projekt den mangelnden Hochwasserschutz zu beheben und den eingedolten Bach freizulegen.

Invasive Neophyten an Gewässern – eine oft unterschätzte Gefahr

Bei Revitalisierungen entstehen oft vegetationsfreie Uferstreifen. Diese Flächen werden gerne durch invasive Neophyten (gebietsfremde Pflanzenarten) besetzt. Gleichzeitig nutzen sie die Gewässer als Transportwege – ihre Samen und Pflanzenteile gelangen mit dem Wasser flussabwärts und besiedeln neue Standorte. Sie breiten sich dadurch unkontrolliert aus.

Die Folgen sind vielfältig: Arten wie der Japanknöterich fördern durch ihr saisonales Absterben die Erosion ungeschützter Ufer, sie verdrängen einheimische Pflanzenarten und entziehen Insekten und anderen Tieren die Lebensgrundlage. Dominante Bestände verändern das Landschaftsbild und erschweren vielerorts den Zugang zum Wasser.

Auch im Kanton Solothurn sind zahlreiche Gewässerabschnitte betroffen – etwa an der Aare, Birs, Emme, Dünnern oder kleineren Bächen. Die Bekämpfung ist aufwändig und kostspielig. Gemeinden, Fachstellen und Freiwillige engagieren sich mit gezielten Einsätzen, Präventionsmassnahmen und Informationsarbeit. Langfristig ist aber klar: Nur wenn alle Beteiligten mithelfen, lässt sich die weitere Ausbreitung verhindern. Eine wichtige Rolle fällt dabei auch den Unterhaltsdiensten zu.

Gewässerunterhalt – eine Daueraufgabe mit Potenzial

Der Gewässerunterhalt an den Bächen ist seit den 1970er-Jahren an die Solothurner Gemeinden delegiert. Der Kanton unterstützt die Gemeinden sowohl fachlich als auch finanziell. Die Bauverwaltungen der 107 Solothurner Gemeinden melden sich generell mit drei Anliegen bei der Abteilung Wasserbau: a) Fragen zur Hydraulik im Gewässer, b) Fragen zur Ökologie und c) Fragen zur Erholung.

Die Unterhaltsarbeiten tragen viel zur Entwicklung einer Gewässerlandschaft bei. Ein Fokus liegt bei der Eindämmung von Neophyten. Weiter kann ein angepasstes Mähregime der Böschungen die Insektenwelt schützen. Dies zeigt die vielen Möglichkeiten auf, wie die Lebensräume in und an unseren Fliessgewässern im Rahmen des Unterhalts noch besser geschützt und aufgewertet werden können. Ein weiterer Fokus des Gewässerunterhalts liegt bei den bestehenden, alten Bachverbauungen. Diese sind vielfach baulich in einem schlechten Zustand. Im Rahmen des Gewässerunterhalts besteht eine gute Gelegenheit, um diese Verbauungen nach Möglichkeit rückzubauen und durch naturnahe Böschungen zu ersetzen. Weiter kann in begradigten Bächen durch den Einbau von Totholz ein ökologischer Mehrwert geschaffen werden.

Der Unterhaltsdienst betreut – wo vorhanden – auch den Betrieb und Unterhalt eines Geschiebesammlers.

Der Video-Beitrag zeigt exemplarisch den Geschiebesammler des Wildbaches. Dieses Wasserbauwerk in Bellach ist einer von rund 350 Geschiebesammlern im Kanton Solothurn. Geschiebesammler halten in Bächen grosse Mengen an Geschiebe zurück und verringern dadurch Ablagerungen oder Auflandungen in den untenliegenden Gerinneabschnitten. Grosse Geschiebeablagerungen im Gerinne verkleinern den Abflussquerschnitt und können zu Wasseraustritten aus dem Gerinne und somit Hochwasserschäden in angrenzenden Siedlungsgebieten führen. Durch das regelmässige Ausbaggern der Geschiebesammler wird der Schutz für das Siedlungsgebiet aufrechterhalten.

Beim Geschiebesammler am Wildbach wurde zudem der umlaufende Damm und die Böschung saniert. Ein Biberloch im Damm musste verschlossen und die Betonsperre beim Auslauf instand gestellt werden. Für den im Damm nicht tolerierbaren Biberbau wurde in Rücksprache mit dem Amt für Wald, Jagd und Fischerei Ersatz geschaffen, im Video-Beitrag gut erkennbar als «Holzhaufen» im Geschiebesammler. Dies zeigt die Wichtigkeit des Einbezugs ökologischer Belange auch bei Unterhaltsmassnahmen, die primär der Hochwassersicherheit dienen. Weiter wurde im Hinblick auf die Sanierungsarbeiten eine geschützte Trockenwiese mit Holzpflöcken gekennzeichnet, um die Wiese vor dem Befahren mit Baumaschinen zu schützen.

Mit dem Entfernen des Zauns ist der Geschiebesammler nun für die Naherholung besser zugänglich. Die Anstösser-Gemeinden nehmen die weitere Gestaltung der Umgebung vor und treffen Massnahmen zur Besucherlenkung.