Sicherheit und Nachhaltigkeit im Wandel: Sonderabfälle, Gefahrgut und Störfallvorsorge
Der Umgang mit gefährlichen Stoffen und Abfällen ist für den Umweltschutz und die öffentliche Sicherheit zentral und herausfordernd. Deshalb sind in den letzten Jahrzehnten grosse Anstrengungen in den Bereichen Überwachung und Prävention unternommen worden. Dabei spielt das Amt für Umwelt (AfU) eine zentrale Rolle.
Vom reaktiven Umgang zur präventiven Kontrolle
Die Geschichte der Sonderabfallentsorgung und Störfallvorsorge im Kanton Solothurn ist eng mit der industriellen Entwicklung und dem wachsenden Umweltbewusstsein verbunden. In den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts sind Abfälle oft unkontrolliert deponiert worden, wie etwa im Fall der Deponie „Stadtmist“ in Solothurn, die heute als Altlast saniert wird.
Mit der Einführung des Umweltschutzgesetz (USG) 1985 sind erste Grundsätze zur umweltverträglichen Entsorgung und Wiederverwertung von Abfällen festgelegt worden. Weitere gesetzliche Anpassungen verbieten seit dem Jahr 2000 das Deponieren von Abfällen.
Industriebetriebe bewirtschaften grosse Mengen an Sonderabfällen. Kommt es dabei zu Unfällen (Stoffaustritte, Havarien), besteht erhebliche Gefahr für Mensch und Umwelt. Ausgehend vom Chemieumfall in Schweizerhalle (Ereignis vom 1. November 1986) ist 1991 die Störfallverordnung (StFV) erlassen worden. Der sich daraus wandelnde Umgang mit Abfällen und Sonderabfällen hat zu neuen Arbeitsprozessen und entsprechend zur Reduktion des Schadenpotentials geführt.
Mit der seit 2001 geltenden Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GGBV) müssen Unternehmen, die regelmässig mit Gefahrgut umgehen, über Fachpersonal verfügen. Dies wird vom AfU kontrolliert.
Seit 2016 legt die neue Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (VVEA) den Fokus auf die Vermeidung und Verwertung von Abfällen.
Aktuelle Aufgaben des Amts für Umwelt: Kontrolle, Beratung und Koordination
Die oben erwähnten gesetzlichen Grundlagen übertragen dem AfU vielfältige Aufgaben im Bereich Sonderabfall, Gefahrgut und Störfallvorsorge. Zuständig dafür ist die Abteilung Stoffe.
- Vollzug der Störfallverordnung: Rund 50 Betriebe im Kanton werden regelmässig auf ihre Sicherheitsmassnahmen überprüft.
- Bewilligung und Kontrolle von Sonderabfallannahmestellen: Das AfU genehmigt Betriebe, die Sonderabfälle annehmen, bearbeiten, lagern und entsorgen dürfen.
- Beratung bei der Lagerung gefährlicher Stoffe: In Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen wird die sichere Lagerung und Handhabung von Gefahrstoffen gewährleistet.
- Regelmässige Inspektionen in Betrieben, die der Gefahrgutbeauftragtenverordnung unterstellt sind. Dabei wird überprüft, ob die Tätigkeiten, wie Verpackung, Versand, Beladung und Transport, den gesetzlichen Anforderungen, entsprechen. Bei Mängeln werden entsprechende Sicherheits- und Verbesserungsmassnahmen angeordnet.
- Koordination mit Gemeinden: Besonders bei der Raumplanung und der Integration von Störfallvorsorge in kommunale Entwicklungsprojekte spielt das AfU eine beratende Rolle.
Die Aufgaben sind interdisziplinär und erfordern eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei, Feuerwehr, Gebäudeversicherung und weiteren kantonalen Stellen.
Zukünftige Herausforderungen: Verdichtung, neue Stoffe und Klimarisiken
Die Zukunft bringt neue Herausforderungen für alle Fachbereiche der Abteilung Stoffe:
- Siedlungsverdichtung: Die Nähe von Wohngebieten zu Anlagen mit Gefahrenpotenzial erhöht das Risiko im Störfall. Eine koordinierte Raumplanung ist daher essenziell.
- Neue Schadstoffe wie PFAS: Die Entdeckung langlebiger Schadstoffe in Altlasten, wie in der Deponie Stadtmist zeigt, dass neue chemische Substanzen besondere Entsorgungsstrategien erfordern.
- Neue Technologien wie Lithiumionenbatterien: Mit der Elektrifizierung gelangen grossen Mengen an Lithiumionenbatterien in den Umlauf. Diese Batterien haben eine hohe Energiedichte und bieten ein grosses Gefahrenpotential, wenn sie unsachgemäss behandelt werden. Gleichzeitig enthalten die Batterien wertvolle Rohstoffe, die es zurückzugewinnen gilt. Die Bevölkerung muss im Umgang mit den Akkus sensibilisiert werden und die Betriebe müssen mit dem entsprechenden Know-how und den Technologien ausgestattet sein.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Die Reduktion von (Sonder-) Abfällen beginnt bereits bei der Produktgestaltung und der Auswahl von Materialien. Das AfU kann hier durch Beratung und Auflagen zur Wiederverwertung und stofflichen Trennung einen wichtigen Beitrag leisten.
Die Kreislaufwirtschaft bietet die Chance, Ressourcen zu schonen und gleichzeitig die Menge gefährlicher Abfälle zu reduzieren. Innovative Recyclingverfahren, die auch komplexe Stoffgemische trennen können, sind dabei ebenso gefragt, wie die Schaffung von Anreizen für Unternehmen, ihre Produktionsprozesse nachhaltiger zu gestalten.