Von Afghanistan nach Lommiswil

Die Familie Jaquier in ihrem Garten
Die Familie Jaquier in ihrem Garten

Die Familie Jaquier aus Lommiswil hat in den letzten Jahren drei minderjährige Flüchtlinge bei sich aufgenommen. Sie ist eine der Pflegefamilien aus dem Pool des Amts für Gesellschaft und Soziales. Aktuell lebt ein 15-jähriger Junge aus Afghanistan bei den Jaquiers. Wir haben die Familie besucht und über ihre Erfahrungen gesprochen.

Sieben Jahre ist es her, als Francine Jaquier die Anfrage des Kantons erhielt, einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aufzunehmen. Diese Kinder und Jugendlichen sind ohne Eltern oder Sorgeberechtigte in die Schweiz geflüchtet. «Du musst sofort anrufen, das machen wir!», sagten ihr damals ihre beiden Kinder. Nach einer Woche Probezeit mit einem jungen Afghanen war für alle klar: ja, wir wollen das. «Mahdi war eher zurückgezogen und ruhig. Wir verstanden kein Wort voneinander. Aber mit Spielen fanden die Kinder sofort zueinander», erinnert sich Francine Jaquier. Nach Mahdi folgte Selam, ein Mädchen aus Äthiopien. Sie lebte sich rasch ein, weil sie Englisch sprach. Auch die Zeit mit Selam hat die Familie Jaquier noch heute in bester Erinnerung.

Begleiten und Freiheiten lassen

 «Wir versuchen diesen Kindern ein schönes Leben zu ermöglichen, damit sie das Geschehene vergessen können», sagt Francine Jaquier. Seit Sommer 2022 wohnt Nasim bei den Jaquiers. Er ist 15 Jahre alt und kommt aus Afghanistan. Auch bei Nasim sei wichtig, ihn vor allem zu begleiten. Erziehen müsse man ihn nicht mehr. Er sei selbständig und bringe schon vieles mit: «Nasim war drei Jahre lang alleine auf der Flucht. Ihm brauche ich nicht zu sagen, wie er bei uns leben muss.» Sowieso seien diese Jugendlichen grundsätzlich gleich wie alle anderen Jugendlichen auch: «Sie haben die gleichen Probleme, die gleichen Bedürfnisse, die gleichen Kleiderwünsche.» Die Sprache sei zu Beginn eine Herausforderung, wenn man minderjährige Flüchtlinge aufnehme. Ebenso die Einschulung. Und eine gewisse Privatsphäre gehe verloren. Schlechte Erfahrungen hat die Familie Jaquier aber keine gemacht – im Gegenteil.

Eine Bereicherung für die ganze Familie

«Alle meine Kolleginnen und Kollegen fanden es cool», antwortet die 20-jährige Tochter Lia auf die Frage, wie ihr Umfeld reagiert habe. «Man muss offen sein, Neues auszuprobieren. Und man muss bereit sein, das zu Hause zu teilen». Ein geflüchtetes Pflegekind sei eine grosse Bereicherung, sagt Francine Jaquier aus Überzeugung: «Man lernt die Welt besser kennen. Eine neue Kultur kommt hinzu.» Und weiter: «Meine beiden Kinder sind dadurch sehr offen geworden für andere Menschen.»

Selina, Francine Jaquier, Nasim und Lia Jaquier auf einer Gartenbank
Selam, Francine Jaquier, Nasim und Lia Jaquier